Klassische Konditionierung - Definition
Beim klassischen Konditionieren versucht man, bei jemandem eine bestimmte Empfindung auszulösen, indem man mehrere Reize miteinander koppelt. Es gibt sogenannte unkonditionierte Stimuli. Diese lösen im Alltag einen angeborenen Reflex aus. Neutrale Stimuli sind das Gegenteil: Sie lösen keine spezifische Reaktion aus.
Bei der klassischen Konditionierung verbindet man den neutralen Stimulus mit dem unkonditionierten Stimulus. Nach einiger Zeit löst der ursprünglich neutrale Stimulus ebenfalls die angeborenen Reaktionen aus wie der unkonditionierte. Somit ist der neutrale Reiz zu einem konditionierten Reiz geworden.
Der Pawlow'sche Hund
Eines der bekanntesten Beispiele für klassische Konditionierung stammt von Iwan Pawlow, dem Begründer der Lernmethode. Vielleicht kennen Sie den Pawlow'schen Hund: In seinem Experiment mit Hunden fand der Physiologe Folgendes heraus: Die Hunde reagierten auf das Zeigen von Futter mit Speichelfluss. Hierbei handelt es sich um den "unbedingten Reiz", er ist biologisch gegeben und musste nicht zuvor erlernt werden.
Ein Glockenton ist für Hunde vorerst nicht von Bedeutung. Sie reagieren kaum darauf, der Reiz ist "neutral". Pawlow zeigte den Hunden Futter, unmittelbar nachdem er mit einer Glocke geklingelt hatte. Die Hunde nahmen nach einigen Wiederholungen die Glocke anders wahr. Sie reagierten auf das Erklingen der Glocke mit erhöhtem Speichelfluss.
Der ursprünglich neutrale Reiz "Glockenton" entwickelte sich zu einem bedingten Reiz, der die gleiche Reaktion (Speichelfluss) auslöst, wie der unbedingte Reiz "Futter".
Beispiele für klassische Konditionierung direkt aus dem Alltag
Neben dem Pawlow'schen Hund gibt zahlreiche Beispiele für klassische Konditionierung, die Sie im Alltag finden können. Immer findet hier eine Koppelung von "neutralem Reiz" (NR) und "unbedingtem Reiz" (UR) statt. Dadurch entsteht aus dem "neutralen Reiz" ein "bedingter Reiz" (BR). Außerdem ist klassische Konditionierung unabhängig vom Alter und gilt "artenübergreifend".
Erlernte Angst vor Bienen
Anna (2 Jahre) wird von einer Biene gestochen. Ab diesem Zeitpunkt weint sie jedes Mal, wenn sie eine Biene sieht. Die Biene (NR) ist zwar ursprünglich neutral, aber Anna verbindet sie jetzt mit dem Schmerz des Stichs (UR).
Spaß durch Belohnung
Wenn Ben (8 Jahre) seine Hausaufgaben gründlich erledigt (NR), bringt ihm seine Mutter eine kleine Schokolade oder ein kleines Spielzeug (UR). Diese Geschenke lösen bei ihm ein angenehmes Gefühl aus. Nach einiger Zeit verbindet er dieses positive Gefühl unmittelbar mit dem Lernen. Das Lernen fängt an, ihm Spaß zu bereiten (BR).
Vorsicht bei Süßigkeiten! Ihr Kind könnte zunehmen oder "abhängig" davon werden. Besser ist es, Ihr Kind zu loben.
Vorfreude beim Geräusch der Autotür
Wenn Marinas Mutter abends nach Hause kommt, hört Marina die Autotür zufallen (NR). Mutter und Tochter haben sich gern und freuen sich den ganzen Tag auf das gemeinsame Abendessen (UR). Marina verbindet das Geräusch der Autotür bald mit einem glücklichen Gefühl von Vorfreude (BR).
Als Marina auf dem Weg von der Schule nach Hause irgendeine Autotür zufallen hört, freut sie sich. Sie muss sofort an ihre Mutter denken, ohne zu wissen, warum.
Traurigkeit bei Musik
Gustav (30 Jahre) hat seine Freundin vor fünf Jahren in der Disco kennengelernt. Nach ihrer Trennung hört er das Lied (NR), zu dem sie das erste Mal getanzt haben. Obwohl das Lied fröhlich ist, wird er traurig, weil es ihn an seine Freundin und den Trennungsschmerz (UR) erinnert. Das Lied wird als negativ wahrgenommen (BR).
Hundefutter als Lockmittel
Der Hund Beppo (3 Monate) bekommt in regelmäßigen Abständen Leckerlis (UR), wenn er in der Nähe seines Herrchens bleibt (NR). Nach einiger Zeit braucht Beppo keine Leine mehr, weil er die Nähe des Herrchens mit dem Futter verbindet (BR) und erwartungsvoll direkt neben ihm herläuft.
Das klassische Konditionieren eignet sich gut, um eine gewünschte Empfindung bei jemandem auszulösen. Die Werbung bedient sich jeden Tag dieses Prinzips.
Jedoch birgt es auch die Gefahr der Manipulation oder des Missbrauchs und sollte auf keinen Fall als Bestrafung eingesetzt werden. Denn durch klassisches Konditionieren können schwere psychische Traumata entstehen.
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