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Pflichtteilsberechtigte - Was bedeutet das?

Älterer Mann hält Kleinkind im Arm und sitzt im Garten.
Älterer Mann hält Kleinkind im Arm und sitzt im Garten. © Alvaro Reyes / unsplash.com
Haben Sie sich schon einmal mit dem Thema Nachlass oder Erben beschäftigt? Ein in der Regel nicht gerade häufiges Thema, über welches man gegebenenfalls ungern spricht und auch immer einen traurigen Anlass hat. Nichtsdestotrotz, kann es vorkommen, dass man im Laufe des Lebens nicht an diesen Themen vorbeikommt. Was sind Pflichtteilsberechtigte und was bedeutet es, wenn ein Erbe geregelt werden muss?

Was ist ein Pflichtteilsberechtigter?

Der Begriff "Pflichtteilsberechtigter" bezeichnet Personen, die auch dann einen Anspruch auf einen Teil des Erbes haben, wenn der Erblasser ein Testament hinterlassen hat. 

Das deutsche Erbrecht sieht vor, dass bestimmte Personenkreise, wie beispielsweise Kinder oder Ehepartner, einen Pflichtteil beanspruchen können. Hierzu gehören in erster Linie die Abkömmlinge des Erblassers, also die Kinder sowie deren Nachkommen. Auch der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner hat einen Anspruch auf den Pflichtteil. 

In einigen Fällen können auch Eltern oder Großeltern des Erblassers pflichtteilsberechtigt sein.

Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge regelt, wer Erbe einer Person wird, wenn diese kein Testament oder keinen Erbvertrag hinterlassen hat. Die gesetzliche Erbfolge gilt in Deutschland, wenn keine abweichenden Regelungen getroffen wurden.

Grundsätzlich erben in erster Linie die nächsten Verwandten des Verstorbenen. Das bedeutet, dass die Kinder des Erblassers in der Regel zuerst erben. Sind keine Kinder vorhanden, erben die Enkel des Erblassers. Im Falle des Fehlens von direkten Nachkommen erben die Eltern des Erblassers oder deren Abkömmlinge.

Ist auch diese Generation nicht vorhanden, erben die Geschwister des Erblassers oder deren Abkömmlinge. Ist auch diese Generation nicht vorhanden, erben die Großeltern oder deren Abkömmlinge.

Ist auch diese Generation nicht vorhanden, erben die Urgroßeltern oder deren Abkömmlinge. Fehlen auch diese, erben letztendlich der Staat oder gemeinnützige Organisationen.

Die genaue Aufteilung des Erbes richtet sich nach dem Grad der Verwandtschaft und der Anzahl der Erben in einer Generation. Bei jedem Verwandtschaftsgrad werden die Erben zu gleichen Teilen bedacht.

Was bedeutet dies im Falle eines Erbes?

Im Falle eines Erbes bedeutet die Pflichtteilsberechtigung, dass bestimmte Personen trotz des ausdrücklichen Willens (Testament) des Erblassers einen Anspruch auf ihren Pflichtteil haben. 

Das heißt, dass sie zumindest einen gewissen Teil des Erbes erhalten, unabhängig davon, was im Testament festgelegt wurde. Der Pflichtteil beträgt dabei die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, den die betreffende Person erhalten hätte, wenn sie als gesetzlicher Erbe gelten würde.

Ein Beispiel dafür ist eine Situation, in der ein Erblasser in seinem Testament festlegt, dass sein gesamtes Vermögen an einen Freund vermacht werden soll und seine Kinder dabei komplett enterbt werden. Obwohl die Kinder im Testament nicht erwähnt werden und somit eigentlich keinen Anspruch auf das Erbe hätten, sind sie dennoch pflichtteilsberechtigt. Sie können in diesem Fall jeweils die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, den sie erhalten würden, beanspruchen. Somit können sie trotz der Enterbung und dem ausdrücklichen Willen des Erblassers nicht vollständig von der Erbschaft ausgeschlossen werden.

Ein weiteres Beispiel betrifft die Lage, in der ein Ehepartner stirbt und ein gemeinsames Kind sowie die Eltern des Verstorbenen zurücklässt. Der überlebende Ehepartner hat zunächst einmal einen gültigen Erbanspruch, während die Eltern des Erblassers zunächst nicht erbberechtigt sind. Stattdessen haben die Eltern einen Anspruch auf den Pflichtteil, der ihnen zustehen würde, wenn sie als gesetzliche Erben betrachtet würden. Die Pflichtteilsberechtigung der Eltern kann dazu führen, dass der überlebende Ehepartner weniger erbt als erwartet.

Kann man auf seinen Pflichtteil verzichten?

Es ist auch möglich, freiwillig auf den Pflichtteil zu verzichten. Eine solche Verzichtserklärung muss jedoch notariell beglaubigt werden, um rechtlich wirksam zu sein. Es ist ratsam, sich vor einer solchen Entscheidung rechtlich beraten zu lassen, da ein Verzicht auf den Pflichtteil langfristige Auswirkungen haben kann.

Wie bekommt man seinen Pflichtteil, wenn ein Testament vorliegt?

Um seinen Pflichtteil zu erhalten, muss man rechtliche Schritte einleiten. Das Verfahren kann je nach dem gültigen Erbrecht im jeweiligen Land variieren, aber im Allgemeinen in Deutschland gelten folgende Schritte:

  • Prüfung des Anspruchs: Zunächst sollte man sicherstellen, dass man tatsächlich einen Anspruch auf den Pflichtteil hat. Dies hängt normalerweise von der gesetzlichen Erbfolge ab und von den Regelungen im Testament.
  • Kontaktaufnahme mit dem Nachlassgericht: Wenn man der Meinung ist, dass man Anspruch auf den Pflichtteil hat, sollte man sich mit dem örtlichen Nachlassgericht in Verbindung setzen. Dort erhält man Informationen zum weiteren Vorgehen und kann eine Erklärung abgeben, dass man den Pflichtteil geltend machen möchte.
  • Fristen beachten: Es gibt in der Regel Fristen, innerhalb derer man seinen Pflichtteil geltend machen muss (in Deutschland 3 Jahre). Diese können je nach Land und Rechtsordnung variieren. Man sollte sicherstellen, dass man diese Fristen einhält, um den Anspruch nicht zu verlieren (die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Erblasser verstorben ist).
  • Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens: Wenn der Anspruch auf den Pflichtteil berechtigt ist, aber die Erben dies nicht anerkennen oder die Auszahlung verweigern, kann man gerichtliche Schritte einleiten. In diesem Fall sollte man einen Anwalt konsultieren, der die weiteren Schritte einleitet und das Gerichtsverfahren führt.

Die Pflichtteilsberechtigung spielt eine wichtige Rolle im Erbrecht. Sie gewährleistet, dass enge Verwandte und Ehepartner selbst im Fall einer Enterbung oder eines Testamentes einen Anspruch auf einen Teil des Erbes haben. Dadurch wird sichergestellt, dass gewisse Personen trotz des ausdrücklichen Willens des Erblassers nicht völlig von der Erbschaft ausgeschlossen werden. Es kann jedoch auch zu Konflikten führen, insbesondere wenn es um Enterbungen oder unklare Testamentsregelungen geht.

Es ist daher ratsam, sich frühzeitig mit dem Thema Pflichtteil auseinanderzusetzen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um Unklarheiten und potenzielle Streitigkeiten zu vermeiden.

helpster.de Autor:in
Stephanie Wall
Stephanie Wall Stephanie hat sich über mehrere berufliche Stufen bis zur Steuerfachwirtin hochgearbeitet. Sie hat sich selbst das Ziel gesteckt, anderen finanzielles Wissen zu vermitteln, um sinnvoll mit Geld umzugehen und den eigenen beruflichen Werdegang sowie Karriere anzukurbeln.
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