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- Grundwissen "Mechanik"
Bremsvorgänge in der Physik - das sollten Sie wissen
In jeder Fahrschule werden Sie Faustformeln für die Berechnung des Bremsweges kennenlernen. Allerdings kann die Physik anhand von Bewegungsvorgängen hier genauere Aussagen machen.
- Ein Bremsvorgang ist für den Beobachter auf der Straße und natürlich auch für den Fahrer selbst von der Physik her eine sog. verzögerte Bewegung.
- Zunächst fährt der Wagen mit einer vorgegebenen Geschwindigkeit vo, dann tritt der Fahrer auf die Bremse und übt eine Bremskraft F auf die Räder (und damit natürlich auf den gesamten Wagen) aus.
- Diese Bremskraft, die natürlich mit dem Treten des Pedals und dem Wagen leicht variiert, führt zu einer Verzögerung oder Bremsbeschleunigung a = F/m, wobei m die Masse (umgangssprachlich das Gewicht) des Wagens darstellt.
- Dementsprechend lassen sich in der Physik Bremsvorgänge so berechnen, als handele es sich um Bewegungen mit negativen Beschleunigungen, eben Verzögerungen.
- Außer Acht gelassen ist bei dieser Vorstellung natürlich ein Blockieren der Reifen (dank ABS eigentlich Vergangenheit) sowie die Reibung auf der Straße, die besonders bei Nässe, Schnee und Eis zu einer erheblichen Vergrößerung des Bremsweges führen kann. Die Physik liefert in diesem Fall sozusagen eine untere Abschätzung des Bremsweges.
- Und nicht berücksichtigt ist natürlich auch, dass der Fahrer in der sog. Schrecksekunde ja eine gewisse Strecke ungebremst weiterfährt (mehr dazu im Beispiel).
Verzögerung - das versteht man in der Physik darunter
- Wird ein Körper, beispielsweise ein Fahrzeug, das eine gewisse Geschwindigkeit hat, abgebremst, so wird (Fuß aufs Pedal) eine Verzögerung auf diesen Körper.
- Diese Verzögerung lässt sich als negative Beschleunigung verstehen, denn sie wirkt der ursprünglichen Bewegung des Körpers entgegen.
Bremsweg berechnen - so leiten Sie die Formel her
- Der Fahrer übt auf das Fahrzeug eine Bremsbeschleunigung a (in m/s²) aus. Die Geschwindigkeit des bremsenden Fahrzeugs nimmt dann ab nach der Gleichung v(t) = vo - 1/2 at (Gesetz für beschleunigte Bewegungen). Dabei sei vo wieder die Anfangsgeschwindigkeit des Autos (in m/s).
- Diese Geschwindigkeit ist nach der Bremszeit T auf Null gesunken, das heißt: 0 = vo - 1/2 aT. Aus dieser Bedingung berechnen Sie die Bremszeit T = vo/a.
- Das Weg-Zeit-Gesetz für die Bremsbewegung lautet: s = vot - 1/2at². Hier setzen Sie nun die Bremszeit T ein und berechnen den Bremsweg S = voT - 1/2 aT² = vo²/2a. Bei bekannter Geschwindigkeit und bekannter Bremsverzögerung lässt sich aus dieser Formel der Bremsweg S berechnen.
- Die Formel zeigt übrigens eindrücklich, dass der Bremsweg eine quadratische Abhängigkeit von der Anfangsgeschwindigkeit hat. Also: Doppelte Geschwindigkeit, vierfacher Bremsweg! Kommt Ihnen das bekannt vor?
Bremsweg - ein durchgerechnetes Beispiel
- Die Bremsverzögerung kann für einen normalen Pkw bei einer Notbremsung Werte bis a = 8 m/s² erreichen; ein mittlerer Wert ist a = 3 m/s².
- Ein Fahrzeug bewege sich mit einer Geschwindigkeit von vo = 50 km/h = 13,89 m/s, also rund 14 m/s (mit diesem Wert soll weitergerechnet werden).
- Nun muss der Fahrer eine Notbremsung durchführen (also voll auf die Bremse!). Der Bremsweg beträgt dann nach der Formel S = vo²/2a = (14 m/s)²/16 m/s² = 12,25 m, als unterste Grenze, versteht sich.
- Bevor der Fahrer jedoch auf das Pedal treten kann, muss er in einer sog. Schrecksekunde das Geschehen verarbeiten. In dieser Zeit (meist 0,5 - 1s) fährt das Fahrzeug ungebremst weiter und legt dabei einen Weg von 7 - 14 m zurück. Dieser Weg muss natürlich zu den 12,25 m Bremsweg hinzugezählt werden. Er ist umso größer, je schneller das Fahrzeug ist.
So berechnen Sie den Anhalteweg
- Die Faustformel zur Berechnung des Bremsweges ist: Geschwindigkeit in Kilometer pro Stunde geteilt durch 10 und dann das Ergebnis zum Quadrat.
- Falls Sie also mit 60 km/h unterwegs sind, brauchen Sie nur 60 durch 10 zu teilen. Das Ergebnis lautet bekanntlich 6. Sie rechnen dann einfach 6 * 6 und erhalten das Ergebnis 36. Das bedeutet, der reine Bremsweg beträgt 36 Meter.
- Der Bremsweg ist aber nicht der Anhalteweg. Bevor Sie die Bremse betätigen, müssen Sie ja zunächst das Hindernis erkennen und reagieren. Die Reaktionszeit beträgt im Durchschnitt 0,3 Sekunden. Deshalb müssen Sie noch ausrechnen, wie viele Meter Sie in den 0,3 Sekunden zurücklegen.
- Dazu rechnen Sie die Geschwindigkeit geteilt durch 10 und multiplizieren das Ergebnis mit 3. Bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h ergibt die Berechnung also 18 m. Diese 18 m werden dann als Reaktionsweg bezeichnet.
- Dann müssen Sie nur noch den Bremsweg und den Reaktionsweg addieren. Im obigen Beispiel ergibt das einen Anhalteweg von 36 m + 18 m = 54 m.
- Da ein Motorrad aufgrund des geringeren Eigengewichts einen etwas kürzeren Bremsweg hat als ein Pkw, können Sie vom Ergebnis noch ungefähr 10 % abziehen. Danach würde der Anhalteweg vom Motorrad lediglich 49 m betragen.
- Diese Angaben gelten aber nur für eine trockene Fahrbahn. Auf einer nassen oder eisglatten Straße kann sich der Anhalteweg um ein Vielfaches erhöhen. Die Rechnung gilt sowohl für Motorrad als auch für das Auto.
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