Oligodaktylie - Begriffserklärung und Ursachen
- Das Wort "Daktylus" stammt aus dem Griechischen und bezeichnet dort den Finger. Die Endung "daktylie" wird immer dann verwendet, wenn eine Miss- oder Fehlbildung von Fingern bezeichnet werden soll. So gibt es die Adaktylie, bei der alle Finger fehlen, die Polydaktylie, bei der zu viele Finger vorhanden sind und eben auch die Oligodaktylie, bei der Finger und häufig auch Zehen fehlen.
- Über die Ursachen wird häufig gestritten, denn oftmals sind diese gar nicht so ersichtlich. In seltenen Fällen ist das sogenannten Amniotisches-Band-Syndrom schuld, bei dem Bänder, die durch Reißen der Eihaut im Mutterleib entstehen, verschiedene Körperteile abschnüren und so das Wachstum verhindern.
- Häufig ist es aber auch so, dass es im Mutterlein keine amniotischen Bänder gibt und auch die Nabelschnur nicht um die Hand gewickelt ist, es aber dennoch zum Fehlen von Fingern kommt. Manche Ärzte vermuten eine Spätfolge von Contergan als Auslöser, anderen das Zuführen schädlicher Substanzen während der Schwangerschaft. Die meisten Mediziner halten diese Fehlbildung aber schlicht und ergreifend für eine Laune der Natur.
Die Diagnose - für Eltern oft ein Schock
- Oft fällt den Eltern beim ersten Blick auf den neugeborenen Säugling gar nicht auf, dass etwas fehlt, sodass die Oligodaktylie erst bei der Untersuchung des Kindes festgestellt wird. Natürlich bekommt man als Elternteil dann einen Schreck, schließlich kann man ein Fehlen von Körpergliedern nicht so einfach beheben.
- Wie groß der Schreck im Endeffekt ausfällt, hängt natürlich auch von der Schwere der Oligodaktylie ab. So gibt es Fälle, bei denen lediglich einige Finger an einer von beiden Händen fehlen. Oft ist es so, dass der Daumen voll ausgebildet ist, aber die vier Finger einfach nicht da sind. Selten kommt es vor, dass auch der Daumen fehlt und noch seltener betrifft die Fehlbildung beiden Hände.
- Wenn Sie als Eltern den ersten Schock überwunden haben, sollten Sie sich aber so oder so klarmachen, dass es Mittel und Wege gibt, dem Kind zu helfen und ihm ein nahezu vollständig normales Leben zu ermöglichen.
Das Kind richtig fördern
Wie die Förderung des Kindes ablaufen sollte, hängt von der Schwere der Behinderung ab.
- Fehlen sämtliche Finger an beiden Händen, wird es unerlässlich sein, das betroffene Kind an Prothesen zu gewöhnen. Von daher sollte es von Anfang an von einem Spezialisten behandelt werden, der auch entscheidet, wann der richtige Zeitpunkt für die ersten künstlichen Hände ist.
- Wenn es nur einige Finger sind, die fehlen, im günstigsten Fall sogar nur an einer Hand, dann sind Prothesen allerdings oft überflüssig. Viele Kinder lernen von klein auf weitgehend selbstständig, die fehlenden Funktionen zu ersetzen und fühlen sich eher behindert in ihrem Bewegungsablauf, wenn "plötzlich" eine Hand da ist, die sie nicht gewöhnt sind.
- Wie erfolgreich man ohne Prothese zurecht kommt, hängt aber auch von der individuellen Förderung ab. So sollte das Kind in der Ausbildung seiner feinmotorischen Fähigkeiten stets unterstützt werden, um Kraft und Beweglichkeit der "Resthand" sicherzustellen.
- Ein gutes Mittel, um die Koordination zu schulen, ist das Erlernen eines Instruments, beispielsweise der Geige. Beim Halten des Bogens mit der versehrten Hand, wird zudem deren Beweglichkeit ausgebildet.
- Die richtige Ausbildung von Kraft können Sie unterstützen, indem Sie das Kind immer wieder darauf hinweisen, dass es die unvollständige Hand nicht schonen sollte. Zum Tragen ist der betroffene Arm in der Regel sehr gut zu gebrauchen und wenn ein Daumen vorhanden ist, ist auch das Greifen möglich.
Leben mit weniger Fingern im Erwachsenenalter
- Wer von einer Oligodaktylie betroffen ist, hat häufig kleine Fingeransätze, die aber zu nichts zu gebrauchen und häufig nur lose mit dem Rest der Hand verwachsen sind. Viele entscheiden sich im Erwachsenenalter dafür, diese Ansätze entfernen zu lassen. Das ist oft nur ein kleiner chirurgischer Eingriff, der unter örtlicher Betäubung stattfindet und eher kosmetische Funktion hat.
- Ansonsten ist es so, dass Betroffene, wenn sie erwachsen sind, meist so gut mit der Missbildung umgehen können, dass sie Dritten gar nicht mehr auffällt. Die Bewegungen wirken natürlich, was wie eine Verschleierung der Behinderung wirkt. Wichtig ist aber, dass die versehrte Hand fortwährend trainiert wird, sonst können feinmotorische Fähigkeiten auch verloren gehen.
- Das Tippen auf der Tastatur ist eine gute Übung, um die Beweglichkeit zu sichern. Im Erwachsenenalter noch mit einer Prothese anzufangen, macht in der Regel wenig Sinn, da Lernabläufe nun nicht mehr so einfach funktionieren wie im Kindesalter.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass alle, die von klein auf gelernt haben, mit der Oligodaktylie zurecht zu kommen, als Erwachsene auch keine Schwierigkeiten haben.
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