Wo kein Richter, da kein Henker. Das klingt nach einem rechtsfreien Raum. Ist dem so?
Wenn kein Richter da ist
- Der Ausspruch ist schon sehr alt. Seit der Zeit, in der das Recht festgelegt und vor Gericht verhandelt wurde, ist dieses Sprichwort aktuell. Schon bei den Germanen wurden Verbrechen aller Art erst dann gesühnt, wenn sie vor dem Gericht, welches zu der Zeit Thing hieß, verhandelt wurden.
- Zum Tode verurteilt, also vor den Henker gebracht, wurden die Verbrecher erst, wenn das Gericht über sie entschieden hatte. Wer nicht in einer Gemeinschaft lebte, die mehrere Bauernhöfe umschloss oder kleine Dörfer bildete, der unterstand auch der Gerichtsbarkeit des nächsten Ortes, die über eine Justiz verfügte. Jedoch musste die Missetat erst einmal zu Ohren der Richter kommen, damit der Henker später seine Arbeit tun konnte.
- So war es vielen Kriminellen möglich, sich außerhalb des Gesetzes zu bewegen, und die Gerichtsbarkeit kaum zu fürchten. Die Wälder waren weit und dicht. Die Zahl der Vollzugsbeamten, früher hießen sie Büttel, war gering. So konnten Verbrecher recht sicher sein, dass sie kaum jemals vor den Richter, und damit vor den Henker kamen.
Wo kein Kläger, da kein Richter
- Später wurde der Spruch: "Wo kein Richter, da kein Henker", etwas umgeformt, als die Gerichtsbarkeit üppiger ausgestattet wurde, die Polizei etabliert wurde und das Recht präziser festgeschrieben wurde.
- Nun ging es nicht mehr darum, dass die Verbrecher einem Richter vorgeführt wurden, der sie dann dem Henker übergab. Mit dem neuen Rechtssystem ging es darum, ein Verbrechen zu begehen, das niemand beklagte.
- So kam es dazu, das Lücken im Gesetz ausgenutzt wurden. Wer nicht klagen kann, weil es dafür kein Gesetz gibt, den kann auch kein Richter verurteilen.
Dieses System ist bis heute für Gesetzesbrecher wichtig. Anwälte suchen in den Gesetzestexten nach Lücken, die ihre Mandanten deshalb vor Strafe schützen, weil die Tat nicht genau im Gesetz beschrieben ist.
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