Diese Analyse wird eingesetzt, wenn es um die Vorhersage menschlicher Merkmalsausprägung geht.
Die Grundsätze der Stammbaumanalyse
- Die Stammbaumanalyse ist schon ein recht altes Modell, das erdacht wurde, um die Erbanlagen von Menschen zu erforschen. Hier ist die Erforschung ja ungleich schwieriger als bei Tieren oder bei Pflanzen. Denn bei diesen kann man bei entsprechendem Interesse die Stammbäume aufzeichnen oder im Notfall Kreuzungsversuche machen. Bei Menschen sind nur sehr selten Stammbäume verfügbar, die umfangreich genug sind, und Kreuzungsversuche sind ohnehin unmöglich.
- Deshalb hat man sich etwas einfallen lassen, neben der Analyse von Stammbäumen wurden auch noch die Analyse von Karyogrammen, die Zwillingsforschung und bestimmte populationsstatistische Methoden für den Zweck entwickelt, mehr über die Erbanlagen von Menschen herauszubekommen.
- Bei einer Analyse eines Stammbaumes ist ein logisches Vorgehen in folgenden Schritten erforderlich:
Erst wird gefragt, ob das Merkmal, um das es geht, dominant oder rezessiv vererbt wird. Ein Hinweis darauf, dass ein Merkmal dominant vererbt wird, ist es, wenn es sich in jeder Generation zeigt. Wenn bei einer Elterngeneration beide Eltern das Merkmal nicht zeigen, ist das ein Hinweis darauf, dass es sich um ein rezessives Merkmal handelt.
- Wenn darüber eine Prognose erstellt wurde, wird gefragt, ob das Merkmal gonosomal oder autosomal vererbt wird.
- Autosomal ist der weitaus häufigere Fall, weil die Autosomen die Chromosomen sind, die keine Geschlechtschromosomen sind. Von den 46 Chromosomen, die der Mensch in 23 Paaren besitzt, sind Nr. 1 bis 22 Autosomen. Bei der autosomalen Vererbung spielt das Geschlecht also keine Rolle.
- Nur das Chromosomenpaar Nr. 23 enthält die Geschlechtschromosomen, die auch als Gonosomen bezeichnet werden. Chromosomenpaar Nr. 23 enthält beim Mann ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom (XY), bei der Frau dagegen zwei X-Chromosomen (XX). Liegen die Gene auf den Geschlechtschromosomen X oder Y, macht sich das Geschlecht bei der Vererbung bemerkbar.
- Um das herauszubekommen, wird gefragt, ob von diesem entsprechenden Merkmal bekannt ist, dass es von jedem Elternteil sowohl auf Jungen als auch auf Mädchen übertragen werden kann. Das ist nämlich nur der Fall, wenn das Merkmal autosomal vererbt wird, bei gonosomaler Vererbung wird es komplizierter und könnte im Rahmen dieses Artikels nicht ausreichend erklärt werden.
Wenn diese Vorarbeiten durchgeführt wurden, wird die Stammbaumanalyse beendet, indem (zum Beispiel in einem Kreuzungsschema) jeder Genotyp eingetragen wird, der sicher oder möglicherweise entstehen wird.
Den Abschluss der Analyse stellt die Begründung dar, warum diese Typen entstehen (können) und warum die jeweiligen Alternativen nicht entstehen können.
Stammbaumanalyse ganz konkret
Sie möchten gerne ein lebensechtes Beispiel, damit Sie die Stammbaumanalyse besser verstehen? Das sollen Sie bekommen:
- Zuerst müssen Sie also feststellen, ob das Merkmal dominant oder rezessiv vererbt wird.
- Nehmen wir an, weder Sie oder Ihre Frau ist rothaarig, dann können Sie ziemlich sicher sein, dass das Merkmal “rotes Haar” rezessiv vererbt wird.
- Dieses Gen wird autosomal weitergegeben. Wie auch bei vielen anderen Genen ist von diesem Gen bekannt, dass es auf einem der ersten 22 Chromosomenpaare liegt, nämlich auf Paar Nr. 16.
- Damit sind bei einem Kind folgende Kombinationen möglich: Das Gen des Kindes für dieses Merkmal setzt sich aus zwei dominanten Allelen zusammen, das Kind ist also nicht rothaarig, und auch keiner seiner Erben wird rothaarig, wenn es sich nur mit Menschen fortpflanzt, deren Gene die Rothaarigkeit ebenfalls nicht weitergeben. Das Gen des Kindes für dieses Merkmal setzt sich aus einem dominanten und einem rezessiven Allel zusammen, dann wird das Kind auch nicht rothaarig, kann aber die Rothaarigkeit mit einem ebenfalls mischerbigen Partner vererben. Das Gen des Kindes für dieses Merkmal setzt sich aus zwei rezessiven Allelen zusammen, dann wird das Kind rothaarig.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind in einer solchen Kombination rothaarig wird, wäre in diesem Beispiel mit einem Viertel zu drei Vierteln anzugeben. Denn bei der Stammbaumanalyse wird immer die sparsamste Erklärung herangezogen, was bei diesem Beispiel dazu führen würde, dass man von der wahrscheinlichsten Genkombination der Eltern ausgehen würde. Und die geht dann davon aus, dass beide Eltern jeweils ein dominantes NR-Allel (nicht rothaarig) und ein rezessives R-Allel (rothaarig) besitzen. Für das Kind ergeben sich damit folgende Kombinationen: R-R, NR-R, NR-R, NR-NR, also dreimal nicht rothaarig und einmal rothaarig.
Eine Analyse des Stammbaums geht jedoch immer nur von Wahrscheinlichkeiten aus. Es kann also durchaus sein, dass zwei mittelblonde Eltern schon beim ersten Mal ein rothaariges Kind bekommen, obwohl rein statistisch erst das vierte Kind rothaarig sein dürfte.
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