Stacheldraht kennt man aus dem Wilden Westen. Ranger zäunten ihre Weidegründe mit Stacheldraht ein, um Indianer und Nachbarn fernzuhalten. Verhältnisse dieser Art sind hierzulande nur bedingt relevant.
Nicht alles ist hierzulande verboten
- Ein Stacheldrahtzaun ist hierzulande nicht verboten. Es gibt keine konkrete rechtliche Grundlage, die vorgibt, ob und inwieweit ein Stacheldrahtzaun erlaubt oder verboten sein kann. Dies gilt auch für Wohngebiete.
- Grundsätzlich sind Grundstückseigentümer verpflichtet, ihr Grundstück einzufrieden. Maßstab für die Beschaffung der Einfriedung ist nach den Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer die Ortsüblichkeit. Danach muss eine Einfriedung den ortsüblichen Verhältnissen der Umgebung entsprechen und darf in der Auswahl des Materials und der Höhe nicht aus dem Rahmen fallen.
- Stört sich ein Nachbar daran, dass ein Stacheldrahtzaun nicht dem ortsüblichen Erscheinungsbild entspricht, kann er die Beseitigung oder Abänderung verlangen. In vergleichbaren Fällen haben Gerichte eine palisadenartige Einfriedung aus Eisenbahnschwellen ebenso verboten, wie eine 2 m hohe Steinmauer.
Ein Stacheldrahtzaun drückt Misstrauen aus
- In einem Urteil des Amtsgerichts München wurde darauf abgestellt, dass ein Stacheldrahtzaun im konkreten Fall einen "aggressiven und feindseligen Charakter" produziere und damit das nachbarschaftliche Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu wenig beachte.
- Das Landgericht Koblenz hatte einen Stacheldrahtzaun verboten, weil sich spielende Kinder daran verletzen könnten.
- Tierschützer beanstanden Stacheldrahtzäune, da sie für Vögel eine tödliche Gefahrenquelle darstellen.
- Maßgebend sind immer die Umstände. Ein Stacheldrahtzaun in einem Wohngebiet stellt sich anders dar, als ein Stacheldrahtzaun, der eine Rinderweide einfriedet. Bei einer Weide soll der Zaun Ausbruchsversuche der Tiere verhindern, während ein solcher Zaun auf einem Grundstück eher Eindringlinge abhalten soll. Bei einer Rinderweide heiligt der Zweck die Wahl der Mittel, bei einem Gartengrundstück erscheint dies eher fraglich.
Verhältnismäßigkeit als Maßstab
- Will ein Grundstückseigentümer entgegen der ortsüblichen Verhältnisse einen Stacheldrahtzaun aufstellen, wird er gute Gründe benötigen, um eine solche Maßnahme zu rechtfertigen. Gründe können ein erhöhtes und nachvollziehbares Sicherheitsbedürfnis sein, nicht aber ein bloßes subjektives oder überzogenes Bedürfnis. Regelmäßig sind weniger anstößige Einfriedungen zu prüfen.
- Vor allem sind die Sichtweise der Nachbarn und das Darstellungsbild im Ortsbild einzubeziehen. Unter Umständen kann auch die Bauaufsichtsbehörde einen Stacheldrahtzaun verbieten, wenn er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, insbesondere wenn sich Kinder, Nachbarn oder Fußgänger daran verletzen könnten.
- Auch sollte sich jeder fragen, ob er sein Grundstück einer Beurteilung von Nachbarn und Öffentlichkeit aussetzen möchte, die Rückschlüsse auf Persönlichkeit und Charakter provozieren.
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