Beim Skandieren in Latein gibt es verschiedene Regeln zu beachten. Zunächst gilt es erst einmal zu sagen, was mit "Skandieren" gemeint ist. Dabei geht es darum, dass man in einem lateinischen Gedicht die Metrik erschließt, d.h. herausfindet, ob man Silben lang oder kurz spricht. Skandiert werden nur die Vokale (a, e, i, o, u).
Das Versmaß
Die meisten lateinischen Gedicht sind im Hexameter bzw. im Pentameter geschrieben. Sie laufen nach folgendem Schema ab ("u" bedeutet kurze Silbe, "-" bedeutet lange Silbe, ein "Metrum" bezeichnet eine Einheit bis zum Schrägstrich, Bsp.: -uu (der sogenannte Daktylus)):
- Hexameter: -uu/ -uu/ -uu/-uu/-uu/-x, anstelle von zwei Kürzen kann auch eine Länge stehen, außer beim vorletzten Metron, d.h. der Hexameter kann z.B. auch so aussehen: --/--/--/--/-uu/-x. Die letzte Silbe kann lang oder kurz sein, in der Schule schreibt man meistens ein "x", da es nicht immer eindeutig ist, ob man eine Länge oder Kürze setzten muss.
- Pentameter: -uu/-uu/-/-uu/-uu/-, im Metrum 1 und 2 kann anstelle der zwei kurzen Silben eine lange stehen. Die allerletzte Silbe kann lang oder kurz sein.
Die Regeln beim Skandieren
- Vokale können entweder lang oder kurz sein. Ein Vokal ist lang, wenn (1) auf ihn zwei Konsonanten folgen (aber: Ausnahmen! siehe unten) oder er (2) eine sogenannte "Naturlänge" hat (bestimmte Vokale werden bei manchen Worten oder Eigennamen immer lang gesprochen). Er ist ebenfalls lang, wenn (3) am Ende des Wortes i, o oder u steht. Die Endungen im Akkusativ (-as, -os, -es) und Ablativ Plural (-is) sind immer lang. Auch die Endungen im Genitiv Plural (-orum, -arum) sind lang. Ein Vokal ist zudem noch lang, wenn er (4) wie ein Diphthong (z.B. "ä") gesprochen wird, beispielsweise amicae ("amicä")
- Ein Vokal ist kurz, wenn er (1) vor einem Vokal steht, aber kein Diphthong ist (Bsp.: meis (me-is)), oder (2) auf einen Vokal zwei Konsonanten folgen, der erste davon ein b/p, d/t, g/k/c , der zweite aber ein r/m/n/l/s ist. Hierbei kann der Vokal kurz sein, er muss es aber nicht. Das nennt man "muta cum liquida".
- Silben können beim Skandieren auch wegfallen (elidiert werden): Endet ein Wort mit einem Vokal (+m) und beginnt mit einem Vokal (gilt auch, wenn ein "h" davor steht), so wird der erste der beiden der Vokale beim Sprechen weggelassen. Beispiel: "pulchra amica" wird also als "pulchramica" gesprochen. Es findet sich die Stelle "monstrum horrendum informum ingens", was also als "monstrorrendinformingens" gesprochen wird. Endet ein Wort mit Vokal (+m) und ist das nächste Wort es oder est, so wird das "e" herausgestrichen. Beispiel: "monendum est" wird als "monendumst" gesprochen.
Da es oft auf den Kasus ankommt, ob eine Silbe lang oder kurz ist, empfiehlt es sich, zu übersetzen, bevor man das Skandieren üben will.
Skandieren üben - so geht es
- Wenn Sie das Skandieren üben möchten, suchen Sie am besten zuerst im Text nach möglichen Elisionen, d.h. ob Silben "wegfallen" oder nicht. Im Hexameter ist der Schluss immer gleich und die erste Silbe immer lang. Suchen Sie danach nach Natur- und Positionslängen und hangeln Sie sich so von Metrum zu Metrum - bis der ganze Vers skandiert ist.
- Skandieren können Sie am leichtesten üben, wenn Sie sich einen lateinischen Dichter ansehen und anhand seiner Verse skandieren. Auch hier gilt das bekannte Sprichwort "Übung macht den Meister" (Usus optimus magister est). Als geeignete Dichter sind Catull (mit seinen Carmina), Martial (und seine vielen Epigramme), Horaz (beispielsweise die "ars poetica") oder zum Beispiel Ovid (Metamorphosen, Amores,...) sehr zu empfehlen. Sie werden auf jeden Fall genug Stoff finden.
Skandieren ist nicht sehr schwer zu erlernen, es bedarf nur viel Übung und der genauen Kenntnis der Regeln. Das schöne daran ist, dass man es für alle Metren (und auch Dichter) anwenden kann.
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