Was der Zusatz ohne Präjudiz bedeutet
- Der Begriff Präjudiz stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt Vorentscheid. Er wird in Deutschland im Zusammenhang mit richtungsweisenden Gerichtsentscheiden verwendet. Dazu müssen Sie wissen, dass die Entscheidung einer übergeordneten Instanz in Deutschland nur für ein konkretes Verfahren gilt, demnach also nicht bindend für andere Verfahren ist. Aber solche Entscheidungen können eine Leitfunktion haben. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Richter von einem Amtsgericht auch anders entscheiden kann, als ein vergleichbarer Fall vor dem Landgericht entschieden wurde. In der Regel werden die Richter das aber nicht machen.
- Der Begriff Präjudiz wird unabhängig von Gerichtsurteilen auch oft als Gewohnheitsrecht aufgefasst. Wenn Sie zum Beispiel immer in den Waschkeller des Vermieters durften, ist das Ihr Gewohnheitsrecht. Das Verhalten des Vermieters hatte also eine präjudizierende Wirkung. Ob Sie darauf aufbauen können, um sich das Recht vor Gericht zu erstreiten, ist eine andere Sache, aber Sie haben zumindest ein Argument, dass Sie vorbringen können.
Ohne Präjudiz heißt dann also nichts anderes, als dass man Ihnen etwas erlaubt oder gewährt, aber gleichzeitig deutlich macht, dass Sie daraus kein Gewohnheitsrecht ableiten dürfen.
Kulanz, Vergleiche und Schuldeingeständnisse
- Im Zusammenhang mit Kulanz werden Sie oft den Zusatz "ohne Präjudiz" finden. Beispiel: Ein Hersteller tauscht ein Gerät um, obwohl ein Bedienungsfehler vorliegen könnte, der zu dem Defekt geführt hat. Es ist für diesen einfach weniger aufwendig ein Gerät umzutauschen, als die Ursache zu erforschen. Da er aber nicht das Risiko eingehen will, in Zukunft alle Geräte mit einem ähnlichen Fehler umzutauschen, setzt er den Vermerk dazu, dass er ohne Präjudiz handelt.
- Ähnliches werden Sie auch finden, wenn es darum geht, dass ein Rechtsstreit über einen Vergleich abgeschlossen wird. Angenommen Sie streiten über das Schmerzensgeld für einen Beinbruch und einigen sich in einem Vergleich auf 1.000 €, dann wird in der Regel im Vergleichstext aufgenommen, dass der Vergleich ohne Präjudiz oder ohne präjudizierende Wirkung erfolgt, weil damit nicht festgelegt werden soll, dass dies immer das Schmerzensgeld für einen Beinbruch sein soll.
- Ganz wichtig kann es im Alltag sein zu betonen, dass etwas ohne Präjudiz erfolgt, denn Zahlungen gelten in der Regel als Schuldeingeständnis. Angenommen Ihr Nachbar sagt, dass Ihr Sohn sein Auto zerkratzt hat und er will dafür 50 €, dann sind Sie vermutlich bereit ihm das Geld zu geben, ohne nachzuprüfen, ob Ihr Sohn das gemacht hat oder ob dieser dafür haftbar ist, einfach weil Sie keinen Streit wollen. Jetzt kann die Zahlung als Eingeständnis der Schuld betrachtet werden, Sie wären dann also verpflichtet, den Schaden zu zahlen. Sicher werden Sie aber auf eine Überprüfung der Angelegenheit nicht mehr verzichten wollen, wenn Ihr Nachbar nach ein paar Tagen mit einer Rechnung von einem Autohaus kommt und ihnen mitteilt, dass der Schaden sich auf 5.000 € beläuft. Jetzt kann es wichtig werden, ob Sie mit der Zahlung von 50 € nicht ev. eingestanden haben, für den Schaden einstehen zu müssen.
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