Twilight Elemente - mit Humor in den Kampf gegen Unglaubwürdigkeit
Twilight punktet durch seine Mischung aus Einzelzutaten.
- Die Liebe zwischen Edward und Bella ist ein Empfinden entgegen des Verstands, entgegen Herkunft und Tod. Als modernes "Romeo und Julia", tauscht die Saga dessen Klassenmotiv gegen den Abgrund zwischen Untot und Lebendig. Der Konflikt ist hier noch größer, die Liebe ist gefährlicher und wirkt gesetzloser, sodass der Reiz des Verbotenen umso mehr greift.
- Lebbar erscheint die Liebe dem weiblichem Publikum vor allem durch Bella. So bleibt jene unterentwickelt, sodass der Betrachter sie als Projektionsfläche für eigene Erfahrungen nutzen kann. Anders als Bella ist Edward als besonders aussagekräftiges Konzept zu verstehen. Das macht seine Anziehungskraft glaubwürdig.
- Die Welt, die von den Büchern erbaut und im Film adaptiert wurde, nutzt mit ihrer Phantastik die Faszination des Unbekannten. Damit die Geschichte trotzdem lebbar bleibt, ist Erdung nötig. In "Twilight" durch Bella und ihre Hauptkonflike, mit denen jeder Mensch im Heranwachsen zu tun hat.
- Wie lassen sich nun Stellen auflösen, die trotz des Bemühens um Erdung lebensfremd wirken und Lachhaftigkeit mitbringen? Über Humor! "Twilight" nutzt v.a. eine dialogische, selbstreferentiell situationskomische Art der Komik, die die Figuren hinterfragt.
Humor kann einer Situation so die Glaubwürdigkeit in übernatürlicher Szenerie bewahren. Einige Zitate können als Beispiel dienen.
Ja, nein, weil Haie nicht rückwärts schwimmen - Subtext durch situationskomische Implikatur
Mit der Vorstellung des bekanntesten aller humorigen Twilight-Zitate hat die Einleitung es angedeutet: Obwohl die Story mit Humor kaum assoziiert wird, da eine todernste Liebe thematisiert wird, lässt sich Humor entdecken, denn jener stellt die Ernsthaftigkeit sicher.
- In "Bis(s) zum Morgengrauen" fordert Phantastikneuling Bella Antworten von Edward. Urban-Fantasie-Adaptionen wie "Chroniken der Unterwelt" haben sich schwer getan, die Regeln ihrer Welt lebensecht wiederzugeben. Auch hier musste Weltneuling und Publikum die Fremde erst erklärt werden, die Binnenerzählung, in der selbiges geschah, wirkte jedoch lebensfern.
- "Twilight" hat sich durch Humor Lebensnähe bewahrt. Die Einführung in die Welt wurde statt als Monolog als Dialog gestaltet, der sich seiner Lebensfremde bewusst ist. "Hmm. Ja. Nein. Weil Haie nicht rückwärts schwimmen. 1,772453..." antwortet Edward auf Bellas Drängen. Er gibt ihr willkürliche Antworten, obwohl ihm klar ist, was sie von ihm hören möchte.
- Laut Pragmatiker Grice liegt hier eine Implikatur vor. Gesprächspartner gehen davon aus, dass der andere seine Äußerungen gemäß des Kooperativitätsprinzips gestaltet, somit u.a. zur Sache und so kurz wie möglich. Edward verstößt mit seinen "Antworten" gegen jene Regeln.
- Das gibt dem Dialog Subtext. Subtil wird Edward Einstellung zu Bellas Frage vermittelt, so z.B. im Sinne von: Was für eine irrelevante Frage! Was willst du von mir hören?
- Der Humor des Dialogs erreicht in seiner Fortführung seinen Klimax. "Was die Quadratwurzel aus Pi ist, interessiert jetzt nicht." antwortet Bella und Edward darauf: "Das wusstest du?" Hier wird über seine Antwort mit Charakterkonzepten gespielt, denen zufolge schockieren sollte, dass die naiv gewöhnliche Bella die "Antworten" kennt.
- Ihre nüchterne und direkt geerdete Antwort wiederum stützt ihren Charakter, wobei der faszinierende Edward in denselben Rätseln spricht, in denen er sich alltäglich bewegt.
Nüchternheit trifft auf Phantastik, wie es in der Liebe der beiden der Fall ist. Der Kontrast lässt Komik entstehen, die der Eigenwilligkeit der Situation Glaubwürdigkeit verleiht.
Figurenglaubwürdigkeit - selbstreferentielle Bella-Edward-Zitate
Ähnlich wie die erwähnte Subtextgenerierung wirken die selbstreferentiellen Twilight-Dialoge.
- So fragt Bella ihren Edward: ”Denkst Du mit mir stimmt etwas nicht?". Er erwidert: "Ich erzähle Dir, ich kann Gedanken lesen und du machst dir Sorgen, dass du ein Freak bist?!" Jene Reaktion ist essenziell für die Glaubwürdigkeit seiner und ihrer Figur.
- Wurde an bereits genanntem "Chroniken der Unterwelt" kritisiert, Clarys Hinnehmen des Übernatürlichen sei unglaubwürdig, entgeht "Twilight" jener Kritik an Bella, indem Edward persönlich die Fragwürdigkeit ihrer Reaktion thematisiert.
- Sehr häufig bedient sich die Romanvorlage solcher Selbstreferenzialität, wobei nur einige der Dialoge in den Film eingeflossen sind. „Du machst dir also keine Sorgen, weil du einem Haus voller Vampire einen Besuch abstattest, sondern hast Angst, dass sie dich nicht mögen?” stellt Edward Bella in Frage. Später heißt es „Sie hat Angst vor Nadeln, aber ein sadistischer Vampir, der sie zu Tode foltern will – kein Problem."
Den Abschluss soll nun ein besonders selbstrefernzielles Zitat bilden: "Man liest von etwas, man sieht es in Filmen, und dann erlebt man es, und es ist völlig anders.” Lebensfremde wird hier zu einer Irrealität gemacht. Unmögliches kann so in "Twilight" möglich werden.
Wie hilfreich finden Sie diesen Artikel?