Identitätsdemokratie und andere Formen der Demokratie
Es gibt in der Philosophie verschiedene Auffassungen, wie eine Gesellschaft und die Regierung idealerweise aufgebaut sein sollen.
- Die Identitätstheorie von Jean-Jacques Rousseau geht davon aus, dass der Wille der Gemeinschaft kein anderer sein kann als der Wille des Einzelnen. Es muss also immer ein gemeinsamer Konsens gefunden werden, den alle zusammen als gemeinsamen Willen tragen. Darauf beruht die Identitätsdemokratie mit dem Konkordanzprinzip in der Schweiz. Typisch für diese Form der Demokratie sind Volksabstimmungen und Abgeordnete (Delegierte), die in ihrer Entscheidung gebunden sind. Kennzeichen ist, dass die Identität des Einzelnen gewahrt bleibt.
- Nach der Konkurrenztheorie, wie sie John Locke, James Madison und Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquie vertreten haben, kann das Volk sich über Wahlen aussuchen, von wem und durch wessen Ansichten es sich vertreten sehen will. Typisch ist, dass diese Ideen in Konkurrenz zueinander stehen. Das Volk entscheidet, nach welchen Ideen es für die nächste Zeit regiert werden will. Kompromisse zwischen den Ideen sind nicht vorgesehen. Auch kann das Volk keinen direkten Einfluss auf die Regierenden ausüben.
Beide Theorien haben Vor- und Nachteile. Außerdem ist es in der Praxis nicht möglich, diese 1:1 umsetzen.
Die Regierung der Schweiz
Die Schweiz ist mit ihrer Demokratie recht Nahe bei der Identitätsdemokratie, man spricht auch von direkter Demokratie. Die Regierung selber scheint auf den ersten Blick, sich nicht von anderen Demokratien zu unterscheiden.
- Der Bundesrat wird für 4 Jahre von der Bundesversammlung gewählt. Diese besteht aus dem Nationalrat und dem Ständerat und sie ist das höchste Organ in der Schweiz.
- Die 200 Mitglieder des Nationalrats werden für 4 Jahre vom Volk direkt gewählt. Aber anders als in vielen Demokratien teilt dieser sich nicht in Regierungsparteien und Oppositionsparteien auf.
- Der Ständerat besteht aus 46 Mitgliedern. Jeder Kanton entsendet zwei Mitglieder und die ehemaligen Halbkantone je ein Mitglied. Somit haben einwohnerstarke Kantone genauso viel Macht wie einwohnerschwache.
- Der Bundesrat kann die Bundesversammlung nicht auflösen, diese kann aber auch den Bundesrat nicht stürzen.
Besonderheiten der direkten Demokratie
- Die Wahlberechtigten haben die Kontrolle über das Parlament und die Regierung. Typisch für die Schweizer Identitätsdemokratie ist, dass dies nicht nur durch die Wahlen in den Nationalrat geschieht.
- Die Bürger stimmen in Volksentscheiden über Verfassungsänderungen ab und haben das Recht, Gesetze durch Volksentscheid aufzuheben.
- Außerdem können sie im Rahmen eines Volksbegehrens die gesetzliche Regelung bestimmter Fragen verlangen.
Natürlich ist das Ideal, dass die Regierung die Ideen aller vertritt, auch in der Schweiz nicht umzusetzen, denn es gibt immer Ansichten, die von anderen nicht geteilt werden. Aber die Verfassung gibt dem Bürger die Möglichkeit, jederzeit Einfluss auf die Regierung zu nehmen. Diese muss also ständig versuchen, möglichst viele Bürger zufriedenzustellen.
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