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Empathie erlernen - geht das?

Empathie ist Mitgefühl, aber nicht gleich Mitleid.
Empathie ist Mitgefühl, aber nicht gleich Mitleid.
Die Freundin wird von ihrem Freund verlassen. Die Nachbarin hat ihren Job verloren. Die Großmutter eines Bekannten ist verstorben. In der Einkaufsstraße bringen Obdachlose ihren Winter zu. Mitgefühl ist angesagt, denn kalt lassen solche Ereignisse niemanden. Oder etwa doch? Nicht jeder Mensch ist von Natur aus empathisch. Lässt sich das ändern? Kann man Empathie erlernen?

Mitgefühl zeigen! - Was Empathie ausmacht

Als Empathie bezeichnen Psychologen die Fähigkeit, mit anderen Menschen und Lebewesen zu fühlen.

  • Für spirituelle Lehren spielt Empathie eine besondere Rolle. Diese Relevanz ist selbsterklärend, denn in echtem Mitgefühl blickt der Mensch über den Tellerrand hinaus und spürt etwas, das größer ist als er selbst. In diesem Sinne beschreibt die Bibel Empathiefähigkeit als Hauptmerkmal von Jesus. In der buddhistischen Lehre wiederum ist Empathie neben Bescheidenheit der Schlüssel zu positivem Karma. 
  • Nicht zu verwechseln ist Mitgefühl aber mit Mitleid. Der Unterschied ist leicht zu erklären: Wird jemand in einer Notlage bemitleidet, dann empfindet er das zumeist als herabwürdigend. Mitleid hat einen negativen Beigeschmack. Der Empfindende stellt sich über den Bemitleideten. Mitgefühl hingegen findet auf einer Ebene statt und ist stark an Einfühlungsvermögen gebunden. Der Empathische teilt die Empfindungen des Anderen ohne sie zu bewerten oder sich über den Empfindenden zu erheben.
  • Die "mitgefühlten" Emotionen eines empathischen Menschen müssen nicht etwa negativ sein. Ein Empathiefähiger teilt auch die Freude anderer, wobei einige Wissenschaftler positive Empathie sogar als die schwierigere Empfindung bezeichnen.
  • Geht es einem Freund nämlich besser als einem selbst, kommt bei vielen Menschen zunächst Neid auf. Ein Mensch mit echter Empathie hingegen kennt diese Art von Neid nicht, sondern erlebt die Freude des anderen so unmittelbar mit, dass sie zur eigenen Freude wird.
  • Neugeborene und Tiere sind ein Paradebeispiel für Empathiefähigkeit. Sie schnappen die Stimmungen ihres Umfelds auf und teilen sie. Schon ein Neugeborenes ist glücklich, wenn es ein Lächeln sieht. Auf ähnliche Weise reagieren Hunde auf die Freude eines Menschen unmittelbar mit Schwanzwedeln. Hier zeigt sich, wie artenübergreifend Empathie sein kann.
  • Wenn Neugeborene empathisch sind, dann liegt Empathie in der menschlichen Natur, oder etwa nicht? Grundsätzlich ist Empathie tatsächlich natürlich.
  • Oft als eine der Eigenschaften bezeichnet, die Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet, ist Mitgefühl in Wirklichkeit aber eher ein Attribut, das durch die moderne, menschliche Lebensweise erschwert wird. Anders als bei anderen Lebewesen steht das Ich durch die hoch entwickelten, kognitiven Fähigkeiten im Mittelpunkt der menschlichen Wahrnehmung. Eine Zentrierung auf das eigene Ich macht es automatisch schwerer, andere überhaupt zu sehen. 
  • Andere unabhängig wahrnehmen und sich in ihre Lage versetzen - das ist Empathie. Diese natürlichen menschlichen Fähigkeiten können durch die Ich-Zentrierung verloren gehen. Unter den Überbegriff der emotionalen Intelligenz gefasst sind sie aber zumindest trainierbar. 

Emotionale Intelligenz erlernen

Emotionale Intelligenz spielt vor allem für das Berufsleben eine immer wichtigere Rolle.

  • In Coachings und Seminare werden Führungskräfte darauf trainiert, mit ihren Mitarbeitern umzugehen. Empathie und Einfühlungsvermögen will man hier "erlernen". Entsprechende Kurse setzen an der eigenen Person an: Teilnehmer sollen sich zunächst mit sich und ihren Gefühlen auseinandersetzen. Empfindungen werden in ein Tagebuch notiert, um ein Gespür für Stimmung und Gefühl zu erlangen.
  • Ausgehend hiervon wird Empathie per Achtsamkeitsprinzip geübt. Auch ganz ohne Business-Coaching können Sie Mitgefühl auf diese Weise erlernen. Bemühen Sie sich in der Kommunikation bewusst darum, die Gesprächsteilnehmer wirklich wahrzunehmen. Das Problem der Empathiefähigkeit beginnt nämlich damit, dass man andere nur selten wirklich sieht.
  • Um "sehen" zu üben, konzentrieren Sie sich nur auf die Gegenüber. Andere Gedanken - so vor allem über die eigenen Belange - blenden Sie so weit Sie können aus. Es ist besonders wichtig, dass Sie dem Anderen keine Gedanken oder Gefühle aus Ihrer eigenen Welt unterjubeln.
  • In jeder Kommunikation assoziieren Sie. Assoziationen wiederum sind persönlich und haben mit dem Gesprächspartner und seiner Realität wenig zu tun. Achten Sie darauf, dass Sie dem Gegenüber keine Empfindungen unterstellen, nur weil Sie in seiner Situation so fühlen würden.
  • Wenn Sie diese Art von automatischen Assoziationen und Unterstellungen Ihrerseits wahrnehmen, dann können Sie sie unterbinden. Auf diese Weise werden Sie den Anderen mit seinen tatsächlichen Emotionen eher sehen können.
  • Sie werden nicht mitfühlen können, wenn Sie die Gefühlswelt des Gegenübers gar nicht verstehen. Menschen fühlen auf grundlegend verschiedene Weise. Machen Sie sich das klar und stellen Sie dem Gesprächspartner präzise formulierte Fragen, um seine Gefühlslage einschätzen zu können. Nur auf diese Weise hat der Andere das Gefühl, dass echtes Interesse besteht. Das wiederum ist Voraussetzung, dass er seine Empfindungen mit Ihnen teilt. Für Sie ist es außerdem Voraussetzung, sein Fühlen verstehen zu lernen.
  • Aufmerksamkeit in der Kommunikation umgreift neben der verbalen auch die nonverbale Sprache. Achten Sie stets auf Tonfall, Mimik und Gestik eines Gesprächspartners. Mit ein bisschen Übung werden Sie auf diese Weise Unstimmigkeiten bemerken und sogar Unausgesprochenes erahnen.
  • Je aufmerksamer Sie sind, desto leichter werden Sie mit ein bisschen Übung erahnen können, wie andere sich tatsächlich fühlen. So können Sie sich schließlich in das Gefühl von Gesprächspartnern hineinversetzen. Achten Sie dabei aber darauf, dass "in die Lage eines Anderen versetzen" hier nicht wörtlich gemeint ist. Sie würden sich in seiner Lage mit Sicherheit anders fühlen als er es tut, da Sie nicht derselbe Mensch sind wie er.
  • Versetzen Sie sich dementsprechend in sein Gefühl hinein und nicht in eine Situation. Das ist unmittelbarer und weniger eingefärbt. Sie werden so mehr Einfühlungsvermögen entwickeln. Je häufiger Sie sich in dieser Art der Kommunikation üben, desto automatischer wird Empathie gelingen.
  • Mit Sicherheit haben Erziehung, Lebenslauf und Veranlagung einen Einfluss darauf, wie empathisch jemand ist, aber mit fehlender Empathiefähigkeit abfinden sollten Sie sich deswegen noch lange nicht. Denken Sie doch nur einmal daran, wie wunderbar es ist, die großen Glücksmomente anderer mit ihnen zu fühlen.

All das ist wohl Ansporn genug.

helpster.de Autor:in
Sima Moussavian
Sima MoussavianFür Sima liegt die Schule noch nicht weit zurück. Sie erinnert sich noch gut an die Inhalte. In ihrer Freizeit lernt Sima gerne neues und probiert sich dabei auch im Heimwerken.
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