"Der Schimmelreiter" - Inhalt und Hintergrund des Werks
- Die Novelle "Der Schimmelreiter" erschien 1888. Theodor Storm ließ sich für sein Spätwerk offenbar von einer Sage inspirieren.
- Die Erzählung besitzt eine Rahmenhandlung, in der ein Reisender in einer Gaststätte in Nordfriesland wiederum die eigentliche Geschichte über den Schimmelreiter zu hören bekommt. Hauptfigur ist Hauke Haien, der sich schon als Kind sehr für die Wissenschaften interessiert und eine hohe Intelligenz beweist. Besonders fasziniert ist er von Deichen und setzt sich das Ziel, ihre Konstruktionen zu verbessern.
- Als junger Mann wird er beim Deichgraf als Knecht eingestellt und gewinnt das Herz seiner Tochter Elke. Als der alte Deichgraf stirbt, trifft Hauke seine Nachfolge an und heiratet Elke. Zu seinem Markenzeichen wird sein Schimmel, den er stark abgemagert gekauft und aufgepäppelt hat. Die Dorfbewohner sehen in dem Pferd ein schlechtes Omen, da sie es für die das wiederbelebte Skelett eines verendeten Pferdes halten, das seit dem Auftauchen des Schimmels verschwunden ist.
- Der neue Deichgraf Hauke Haien setzt zum Unwillen mancher Einwohner seine Konstruktion für den neuen Deich um. So oft er kann reitet er mit seinem Schimmel dorthin. Als ihm eine Schwachstelle am alten Deich auffällt, gelingt es ihm im Gemeinderat lediglich, eine Reparatur durchzusetzen, obgleich er fürchtet, dass diese auf Dauer nicht ausreichen wird.
- Jahre später kommt es zu einem außerordentlich heftigen Sturm und der alte Deich bricht. Haukes Frau und seine kleine Tochter kommen dabei vor seinen Augen ums Leben. Auf seinem Schimmel stürzt er sich ebenfalls in die Fluten. Der Sage nach erscheint bis heute der Schimmelreiter auf dem Deich, wenn ein gefährliches Unwetter droht.
- Die Gattungsfrage klärt sich bereits durch Theodor Storms eigene Bezeichnung der Erzählung als "Novelle". Auch die dramenähnliche Struktur der Handlung sowie die Rahmenerzählung sind novellentypische Elemente.
- Zentrale Themen im "Schimmelreiter" sind das Verhältnis zwischen Mensch und Natur und Gegensatz zwischen Aberglaube und Moderne und das Verschwimmen der Grenzen zwischen Übernatürlichem und Realismus.
Hauptfigur Hauke Haien
- Der Deichgraf Hauke Haien ist ein sehr ehrgeiziger Charakter. Unbeirrt verfolgt er lange Zeit seine Ziele und Pläne und lässt sich auch nicht von Kritik und Spott beeindrucken. Zudem ist er sehr intelligent und zeigt schon als Kind eine außergewöhnliche Begabung. Hauke ist wissbegierig und lernt beispielsweise schon als Kind Niederländisch.
- Hauke Haien ist ein glücklicher Vater und liebt seine geistig zurückgebliebene Tochter Wienke abgöttisch. Den Dorfbewohnern ist er jedoch unheimlich, in seinem geheimnisvollen Schimmel sehen sie sogar den Teufel.
- Als es zur Katastrophe kommt, erkennt der Deichgraf seine Schuld und reitet daher freiwillig in den Tod.
- In seinem Charakter spiegelt sich ein ambivalentes Verhältnis zwischen Selbstbewusstsein und Schwachheit wider: Einerseits akzeptiert er bereits als Kind, dass er durch seine ungewöhnlichen Interessen zu einem Außenseiter wird, und setzt seine Konstruktion gegen die Zweifler durch. Andererseits scheitert er am Ende daran, dass er, von Krankheit geschwächt, die dringend nötigen Maßnahmen nicht einleiten kann und so eine Mitschuld an der Katastrophe trägt.
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