Tatsächlich gibt es keine allgemeingültige Definition des Charakters. Stattdessen hängt dies meistens von den eigenen Standpunkten, den betreffenden Religionen oder den jeweiligen - vor allem philosophischen - Diskursen in der jeweiligen Geschichtsepoche ab.
Historische Tiefe der Charakterdefinition
- Der Charakter als solcher tauchte bereits in der Antike und dabei sogar in voraristotelischer Zeit auf.
- Innerhalb der Antike meinte der Charakterbegriff eine Art Prägung, die einem jeden Menschen eigentümlich ist, ihn prägt und dazu befähigt, moralisch zu handeln.
- Diese moralische Befähigung äußert sich dabei auch in einem Grundstock an Tugenden, die einerseits trainiert und andererseits im gesellschaftlichen Zusammenspiel erlernt werden müssen.
- Dabei kann sich der Charakter natürlich auch ändern, indem man die erworbenen Kompetenzen z. B. verliert oder weitere hinzukommen.
- In der Antike und bis weit ins Mittelalter hielt sich dabei jedoch der Glaube an ein allgemeingültiges Streben nach Glückseligkeit, das den Menschen nicht aus sich heraus Schlechtes tun ließe, sondern nur aufgrund des Unwissens. Ein schlechter Charakter ist in diesem Schema somit kein Abbild schlechter Eigenschaften, sondern mangelnder Belehrung.
- Gerade im Mittelalter und seitens der katholischen Kirche entwickelte sich dabei - nicht zuletzt durch die von Gott gegebenen theologischen Kardinaltugenden - der Glaube, dass der Charakter eines Menschen im Hinblick auf das letzte Ziel, das Verbundensein mit Gott, zwar feststeht, jedoch im irdischen Leben wandelbar ist.
- Auch dabei manifestierte sich die Vorstellung, dass ein schlechtes Handeln nicht aus Böswilligkeit geschah, sondern aus mangelnder Kenntnis der Tugendhaftigkeit.
Sollten Sie sich speziell für die Deutung der Antike und die dortigen Definitionsversuche im Kontext der Tugendlehre interessieren, bieten sich Ihnen diverse Seiten an, um ein tiefer greifendes Verständnis für z. B. die aristotelische Tugendlehre zu erhalten, in die auch der Charakter mit einfließt. Vor allem die Nikomachische Ethik kann dabei als erster Ansatzpunkt Ihres Interesses dienen.
Moderne Erläuterungen zum Charakter
- Im Zuge des Umbruchs zur Neuzeit - als Stichpunkte seien Ihnen hier der Humanismus, die Reformation, aber auch der Kantianismus genannt - eröffnete sich durch die Rezeption der antiken Schriften ein neuer Diskurs. Dies zielte zumeist darauf ab, inwieweit es einem Menschen ermöglicht ist, durch gewisse Charaktereigenschaften ein gutes Leben zu führen oder aber gut mit der Gesellschaft zu interagieren.
- Hierbei fächerten sich die theoretischen Arbeiten sehr breit auf. Während in der Antike und im Mittelalter zumeist noch das Ausgerichtetsein auf Gott als tragende Größe diente, rückten in der aufgeklärten Welt mehr das Individuum selbst und sein Leben im Verhältnis zu anderen sowie zu sich selbst in den Blickpunkt.
- Dabei ist auch zu beobachten, dass trotz eines guten Charakters schlechte Handlung nicht unbedingt mehr durch Unwissen zu erklären ist, sondern mit tiefer gehenden, zum Teil auch kognitiven Problemen. Gerade in der Auseinandersetzung mit faschistischen Ideologien oder autoritären Charakterzügen gewannen diese Vorstellungen rasch an Bedeutung. Entsprechend schwer gestaltet es sich auch, von Handlungen oder dem äußeren Anschein auf die wahren Charakterzüge zu schließen.
- Gemein ist allen Definitionsversuchen jedoch, dass der Charakter als eine moralische Größe im Kontext des Handelns der Gesellschaft gesehen wird. Auch herrscht weitenteils Einigkeit darüber, dass sich der Charakter aus ererbten und erworbenen Eigenschaften zusammensetzt.
- Weiterhin scheinen die Empathie und Maßhaltung einen immer größeren Wert der Charakterentwicklung der Gegenwart einzunehmen.
Sie sollten die hiesigen Eingrenzungen des Charakterbegriffs jedoch mit Vorsicht genießen und die Definitionen dieses Artikels lediglich als grobe Orientierung nutzen. Denn für wissenschaftliche Arbeiten werden Sie diesen Artikel nur schwerlich als aussagekräftige Quelle nutzen können.
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