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Bergkristall Adalbert Stifter - eine kurze Einführung für Schüler

Der Bergkristall - Stifters Symbol für seine anrührende Erzählung.
Der Bergkristall - Stifters Symbol für seine anrührende Erzählung. © Grey59 / Pixelio
Es gibt Schriftsteller und literarische Schlüsselwerke, die einfach zum grundlegenden literarischen Erbe gehören und die deshalb jeder einigermaßen gebildete Mensch kennen sollte. Dazu zählen der Schriftsteller Adalbert Stifter und seine Erzählung Bergkristall.

Hier ein kurzer Blick auf das Leben des Verfassers und seine wohl bekannteste Erzählung.

Adalbert Stifter - der fast vergessene Schriftsteller

  • Adalbert Stifter wurde 1805 in einem Ort im Böhmerwald geboren, die Mutter Magdalena zog ihn nach einem Unfall des Vaters ab 1817 alleine auf, die Familie war finanziell nicht sehr gut gestellt.
  • Der Großvater setzte durch, den begabten Jungen auf die Lateinschule zu schicken, seine Zeit im Gymnasium eines Benediktinerstifts (1818 - 1826) sollte Stifter später als die schönste Zeit seines Lebens bezeichnen.
  • 1826 begann Stifter mit dem Jura-Studium in Wien, in der Studienzeit verfasst er die ersten Werke, in denen deutliche Einflüsse von Goethe, Jean Paul und Herder zu spüren sind. Er verliebt sich aber auch unglücklich und mit solch negativen Folgen für seine Arbeit, dass er 1830 sein Studium ohne Abschluss abbricht.
  • Als “Heilmittel” für seine unglückliche Liebe heiratete Stifter 1837 eine Putzmacherin, die seiner finanziellen Situation jedoch noch mehr zusetzt, Pfändungsnachweise aus den Jahren 1837 und 1841 bezeugen die materielle Not.
  • Ende der 1830er Jahre ging es aufwärts, Stifter veröffentlicht seine erste Erzählung, die wohlwollend aufgenommen wird. 1841 folgt eine weitere, sein Verleger fördert ihn nun, bis er mit “Abdias” 1842 seinen literarischen Durchbruch hat, der ihn materiell unabhängig macht. 
  • Nun entstehen seine Hauptwerke, der Ruhm ebbt aber schon bald wieder ab, das Revolutionsjahr 1848 verschlägt Stifter nach Linz, wo er bald wieder von finanziellen Sorgen geplagt wird. Er wird zwar 1853 noch zum Schulrat ernannt, kann seine Ämter aber bereits gegen Ende der 1850er Jahre aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, 1868 ist er schließlich so krank, dass er sich selbst die Halsschlagader anschneidet und daran stirbt.
  • Adalbert Stifters Werke wurden reichlich kritisiert, sein Stil als langweilig und sein Werk als rückständig bezeichnet, es gab aber auch Bewunderer, z. B. Friedrich Nietzsche, der einige seiner Werke sogar neben solche von Goethe stellte.

Bergkristall - die alte Erzählung mit aktuellem Bezug

  • Zwischen 1845 und 1853 hatte Stifter an der Erzählung Bergkristall gearbeitet, die zuerst 1845 mit dem Titel “Der heilige Abend” in einer Zeitschrift erschien. Bis 1853 hat er die Erzählung überarbeitet, sie erhielt nun den Titel Bergkrystall (später Bergkristall) und wurde Teil der zweibändigen Sammlung “Bunte Steine”.
  • In dieser Erzählung verirrt sich ein Geschwisterpaar am Heiligen Abend im Gebirge und muss die Nacht in einer Steinhöhle verbringen. Retter aus zwei Bergdörfern suchen die vermissten Kinder, die am Morgen des Weihnachtstags glücklicherweise heil aufgefunden werden.
  • Das Besondere an den Ereignissen: Die Kinder stammen von Eltern, die jeweils aus einem der durch einen hohen Berg getrennten Dörfer stammen. Das ist nicht üblich, die Bewohner der beiden Dörfer sehen sich wegen des trennenden Berges nur selten und stehen sich misstrauisch gegenüber. Das über die trennenden Grenzen hinweg vereinigte Ehepaar hat also der Ablehnung, der aus der Furcht vor den nicht genügend vertrauten Bewohnern der jeweils anderen Bergseite entstanden ist, schon mit der Heirat ein mutiges Zeichen entgegengesetzt. Dieses Zeichen wird verstärkt durch die Geburt der Kinder Konrad und Sanna.
  • Durch die gemeinsame Rettungsaktion werden auch die restlichen Bewohner der sich vollkommen ohne Grund gegenseitig missachtenden Dörfer gezwungen, ihre Ablehnung gegenüber den jeweils Fremden zu vergessen. Die Dorfbewohner versöhnen sich bei der Gemeinschaftsaktion, endlich wird sogar die Mutter der Kinder (die für ihre Liebe ihr Dorf verlassen hatte), von den neuen Nachbarn voll akzeptiert.
  • Stifters Bergkristall wird deshalb häufig einer genaueren Betrachtung unterzogen, weil sie als seine ergreifendste Erzählung gilt. In dieser Geschichte sind jede Menge Elemente enthalten, die den Leser mitreißen: Die Schilderung einer unbeherrschbaren Natur, der zwei schwache Menschlein wehrlos ausgeliefert sind, die Wirkung dieser Natur auf die Kinder und die erschreckten Erwachsenen, Weihnachten und die heilige Nacht und Todesgefahr und die Rettung daraus und unangebrachtes Misstrauen und Aufklärung und Versöhnung.
  • Stifter verwendet zahlreiche religiöse Motive: Weihnachten mit dem Verirren und der Todesgefahr, die an Karfreitag denken lässt, die Rettung aus dieser, die an Ostern mit der Auferstehung gemahnt und die Versöhnung für Pfingsten. Hier werden kirchliche Feste also nicht einfach gefeiert, sondern die beteiligten Personen erfahren die Bedeutung der Feste direkt am eigenen Körper.

Diese ganzen Elemente zusammen ergeben einen Stoff, der für ein Filmdrehbuch wie gemacht erscheint, sogar ein nicht nur in einer Weise anrührendes „Happy End“ ist dabei. Deshalb wurde Bergkristall auch verfilmt, zuerst entstand 1999 ein TV-Drama, dann 2004 ein Film von Joseph Vilsmaier.

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