Eine weiße Babykatze kann taub sein
- Schon vor weit über 1000 Jahren war bekannt, dass Katzen, die komplett weiß auf die Welt kommen, sehr oft taub und dadurch schlechte Mäusejäger sind. Vor etwa 100 Jahren wurde das Taubheitsrisiko bei ganz weißen Katzen auf 50 Prozent geschätzt.
- Tatsächlich wurde diese Schätzung in wissenschaftlichen Untersuchungen in den 70er Jahren in etwa bestätigt. Knapp die Hälfte der untersuchten, weißen Katzen war taub, wenn Augenfarbe oder Reinerbigkeit für die weiße Farbe unberücksichtigt blieben.
- Aufgeschlüsselt nach der Augenfarbe stellte sich heraus, dass das Taubheitsrisiko bei weißen Katzen mit blauen Augen sehr viel größer ist, als wenn die Augen eine andere Farbe haben. So sind weiße Katzen mit blauen Augen zu etwa 70 bis 80 Prozent taub. Ist nur eines der Augen blau und das andere andersfarbig, dann liegt das Taubheitsrisiko bei 40 Prozent und wenn beide Augen bei einer weißen Katze nicht blau sind, dann liegt das Risiko noch bei etwa 20 Prozent.
- Die Ursache für die Taubheit liegt in der Entstehung der weißen Fellfarbe begründet. Diese beruht darauf, dass die Farbstoffzellen, die Haut und Haare färben sollten, sich während der Embryonalentwicklung nicht im Körper verteilen oder vorzeitig absterben. Neben Haut und Haaren sind diese Farbstoffzellen jedoch auch im Innenohr für den Hörvorgang wichtig.
- Je nachdem, ob Farbstoffzellen in das Innenohr gelangen beziehungsweise wie viele dort absterben, ist die Katze taub oder sie kann hören. Blaue Augen enthalten weniger Farbstoffzellen als andersfarbige und können darauf hindeuten, dass insgesamt weniger Zellen im Kopfbereich zu finden sind - also auch im Innenohr fehlen. Dadurch kann man die häufige Verbindung zwischen blauen Augen und Taubheit erklären.
- Weiße Katzen mit blauen Augen können häufig auch nicht so gut sehen wie Tiere mit andersfarbigen Augen. Sie sind einerseits blendungsempfindlich, andererseits sehen sie oft auch bei Dunkelheit schlecht, da ihnen das Tapetum lucidum fehlen kann. Dies ist die reflektierende Schicht im Auge, die man im Dunklen leuchten sieht und die wichtig ist, um die Sicht der Katze bei Dunkelheit zu verstärken.
- Die Vererbung der weißen Fellfarbe ist dominant und wird durch das Allel W bestimmt. W steht dabei für "weiß", w für "nicht weiß". Es reicht also aus, wenn die Katze mischerbig für das Allel W ist (W/w), um weiß zu sein.
- Es wird vermutet, dass Katzen, die reinerbig sind (W/W), ein höheres Taubheitsrisiko und schlechteres Sehvermögen haben als die mischerbigen Tiere. In den oben genannten Studien wurden sowohl mischerbig als auch reinerbig weiße Katzen verwendet. Wären W/w und W/W Tiere getrennt untersucht worden, dann wäre das Taubheitsrisiko der W/W Tiere möglicherweise etwas höher und das Risiko der W/w Tiere etwas geringer ausgefallen als oben genannt.
- Viele Zuchtvereine schreiben vor, dass niemals zwei weiße Katzen miteinander gepaart werden dürfen und weiße Katzen auch nur dann zur Zucht eingesetzt werden dürfen, wenn sie nachweislich hören können und ein Tapetum lucidum in jedem Auge haben. Dies bewirkt jedoch leider nicht immer, dass die Nachkommen ebenfalls gesund sind, denn die Erkrankung beruht immer auch auf der zufälligen Zellverteilung während der Embryonalentwicklung.
- Eine Babykatze hat fast immer zuerst blaue Augen. Erst nach sechs bis acht Wochen kommt die endgültige Farbe zum Vorschein. Wenn Sie sich eine weiße Babykatze aussuchen, können Sie daher nicht sicher sein, wie hoch ihr Taubheitsrisiko ist.
- Passen Sie auf Ihre weiße Babykatze deshalb besonders gut auf. Falls sie taub ist, wird sie Gefahren, wie etwa herannahende Autos, unter Umständen zu spät bemerken. Weiße Katzen sind außerdem empfindlicher, wenn es um Sonneneinstrahlung geht. Wie Menschen können sie einen Sonnenbrand bekommen und sie haben ein etwas höheres Hautkrebrisiko.
Weiße Fellfarbe ohne Taubheit
- Wenn Sie nicht auf eine weiße Babykatze verzichten wollen, gibt es einige Alternativen zu den weißen Katzen mit dem W-Allel. Auch durch andere Gene verursachte blaue Augen stehen nicht mit Taubheit im Zusammenhang.
- Besonders bei Persern und Burmillas kommen Farbschattierungen vor, bei denen nur die Haarspitzen gefärbt sind. Die Farbbezeichung ist "Shaded" in Kombination mit der Farbe der Haarspitzen, zum Beispiel "Silver-shaded". Ebenfalls kommt in diesen Rassen die Chinchilla-Farbe vor, die ebenfalls ein fast komplett weißes Fell bewirkt. Diese Fellfarben haben keine bekannten, negativen Begleiterscheinungen.
- Katzen mit Farbaufhellungen können ebenfalls fast weiß aussehen. Die Aufhellung von Braun wird beispielsweise als Lilac bezeichnet. Das Fell erscheint bei diesen Tieren weiß mit Rosastich.
- Katzen mit der Seal-point-Zeichnung haben eine dunklere Farbe um Nase, Maul, Ohren, Pfoten und Schwanz. Der restliche Körper ist weiß. Diese schönen Tiere kommen unter anderem in den Rassen Heilige Birma, Perser Colorpoint, Siam und Ragdoll vor. Sie haben oft blaue Augen, sind jedoch nicht taub. Allerdings ist gelegentlich Schielen oder Augenzittern zu beobachten.
- Vorsicht: Die Foreign White Katze ist eine weiße Katze, in die Siam eingekreuzt wurde, um möglichst gesunde Tiere mit blauen Augen zu erhalten. Die weiße Farbe beruht jedoch auf dem W-Allel und dies wirkt sich stärker aus als das Siam-Allel für blaue Augen. Das bedeutet, dass die Foreign White immer blaue Augen hat, man aber nicht ohne genaue Untersuchung sagen kann, ob es sich um ein blaues Auge aufgrund des W-Allels mit allen damit verbundenen Defektrisiken handelt oder um ein gesundes blaues Auge, das auf der Siam-Einkreuzung beruht.
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