Definition von Pluralismus in der Soziologie und den Politikwissenschaften
- Gesellschaftlich besteht in Deutschland ein ausgeprägter Pluralismus. Man spricht von gesellschaftlichem Pluralismus, wenn in einer Gemeinschaft Dutzende von unterschiedlichen Meinungen, Ideen und Einstellungen gleichberechtigt nebeneinander bestehen, wobei jeder einzelne davon ausgeht, seine Meinung sei die richtige, sodass ein Wettstreit der Anschauungen entsteht.
- Ein Beispiel hierfür ist der Religionsbereich. So wird heute in der westlichen Gesellschaft großer Wert darauf gelegt, dass alle Weltreligionen relative Gleichberechtigung erfahren. Die Anhänger der Einzelreligionen wiederum gehen unterdes davon aus, ihre Religion sei die richtige und einzig wahre. Es entsteht somit ein Wettbewerb der Religionen.
- Den gesellschaftlichen Pluralismus zeichnet also das gleichberechtigte Nebeneinander und die Vielfalt von mehreren gesellschaftlichen Gruppen aus. Bei jenen Gruppen kann es sich nun um ethnische, wirtschaftliche, religiöse oder politische handeln, deren Meinungen in der Gesellschaft frei und gleichberechtigt zugelassen werden und miteinander im Wettbewerb stehen.
- Auch ein Land, in dem mehrere Sprachen als Staatssprachen festgesetzt sind, kann als pluralistisch bezeichnet werden, da durch den Sprachpluralismus auf mehrere ethnische Gruppen und deren Meinungen und Wünsche eingegangen wird.
- Politikwissenschaftlich ist mit pluralistischen Tendenzen der Umstand gemeint, dass in einem Land mehrere gleichberechtigte, politische Strömungen vorherrschen. Ferner spricht man von politischem Pluralismus, wenn der Staat in einer Gesellschaft oder Kultur neben beispielsweise Parteien, Kirche und Gewerkschaften als lediglich eine Körperschaft von mehreren behandelt wird.
- So lassen sich ferner vielschichtige und vielrangige politische Ordnungen als pluralistisch beschreiben, die verhindern, dass die gesellschaftliche Macht alleine vom Staat ausgeübt wird. Jene Begriffskomponente geht auf die politikwissenschaftlichen Theorien von Otto von Gierke zurück.
Pluralismus in Kultur, Philosophie und Kunst
- Verschiedene Kulturen, das meint verschiedene Denkweisen, verschiedene Weltanschauungen und dementsprechend verschiedene Herangehensweisen an Probleme und deren Lösung. Kulturwissenschaftlich kann durch den Begriff des Pluralismus die Tatsache bezeichnet werden, dass unterschiedliche Kulturen an ein und dasselbe Problem auf unterschiedliche Weise herangehen, wobei jede Kultur davon überzeugt ist, dass ihre persönliche Herangehensweise die einzig wahre darstellt.
- Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff des Kunstpluralismus. So ging die Epochenlehre zunächst davon aus, dass pro Epoche eine Kunsttendenz vorherrsche. Jene Annahme geht auf die Vermutung zurück, dass auf einen bestimmten gesellschaftlichen Kontext mit einem ähnlichen Stil reagiert werden müsse. Mit der Moderne verliert diese Theorie aber ihre Gültigkeit, da hier mehrere, gleichberechtigte Stile und Kunstauffassungen nebeneinander bestehen, was sich als Stilpluralismus bezeichnen lässt.
- Das philosophische Verständnis des Pluralismus bezieht sich nun nicht mehr nur auf einen bestimmten Bereich, sondern allumfassend auf die Welt. So werden die Entitäten derselben als pluralistisch wahrgenommen. Es wird dabei davon ausgegangen, dass neben der physischen und mentalen Ebene Hunderte weitere Ebenen bestehen, die alle gleichen Wert besitzen und gleichermaßen richtig sind.
- Demnach ist eine Vielzahl von gleichberechtigten Welten in der äußeren verborgen, wobei die Perspektive des Einzelnen entscheide, welche Welt er wahrnehme. Die Wirklichkeit, die der Mensch erfahren kann, ist demnach nicht als Ganzes beschreibbar, sondern als Vielzahl von einzelnen Elementen, die miteinander in immer anderer Beziehung stehen, sodass sich die wahrgenommene Wirklichkeit jeder Person von der einer zweiten unterscheidet, wobei keine Wahrnehmung je falsch sein kann, sondern allein perspektivisch verschoben.
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