Was sind Vorfälligkeitszinsen?
Viele Darlehn werden über eine bestimmte Laufzeit mit einem festen Zinssatz abgeschlossen. Man spricht von einer Zinsbindungsfrist.
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Diese Vereinbarung gibt sowohl der Bank als auch dem Darlehnsnehmer die Sicherheit bei Zinsschwankungen immer den gleichen Betrag zu bezahlen. Schließlich weiß man nie, ob die Zinsen in einigen Jahren fallen oder steigen. Oft werden solche Verträge in Verbindung mit größeren Kreditsummen, wie bei einer Hausfinanzierung, über fünf oder zehn Jahre abgeschlossen. Damit stehen die Kreditraten für diesen Zeitraum fest.
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Entscheidet sich der Darlehnsnehmer den Kredit vorzeitig abzulösen, weil er zum Beispiel das Gebäude verkaufen möchte, so hat er Vorfälligkeitszinsen zu bezahlen. Diese "Strafzinsen" begründen sich darin, dass der Bank für den entgangenen Gewinn - das heißt an nicht eingenommenen Zinsen - ein Schaden entsteht. Die Zinsen sind also ein Schadenersatz an die Bank.
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Wie immer bei einem Schadenersatz ist es schwierig diesen genau zu beziffern, was natürlich regelmäßig zu Gerichtsprozessen führt. Ein BGH Urteil aus dem Jahr 2004 hat die Höhe der Zinsen allerdings begrenzt, sodass der Verbraucher etwas geschützt wird. Bei der Berechnung der Höhe des entgangenen Gewinns ist davon auszugehen, dass die Bank bei der vorzeitigen Rückzahlung das Geld nicht "brach" liegen lässt, sondern erneut anlegt - etwa in eine erneute Kreditvergabe oder eine andere Geldanlage. Hier hat sich das BGH Urteil darauf verständigt, dass als Grundlage für die zu erwartenden marktüblichen Zinsen die Bundesbankstatistik herangezogen werden soll.
So errechnen sich die Zinsen
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Es handelt sich also um einen Schadenersatz für den entgangenen Gewinn. Der Schaden beläuft sich also nicht auf die kompletten Zinsen, sondern lediglich auf die Differenz zwischen den festgeschriebenen Zinsen, und den aktuell auf dem Markt üblichen Zinsen. Beispiel: Bei Vertragsabschluss wurde ein Zins von 8 % vereinbart. Laut Bundesbankstatistik ist ein Zins von 5 % anzunehmen. Der Schaden beträgt sich also 3 %.
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Als Nächstes muss festgestellt werden, wie hoch der noch abzulösende Betrag ist. Der aktuelle Wert der Restschuld steht manchmal beim Abbuchungstext auf dem Kontoauszug oder Sie sehen zumindest den Wert zum Jahreswechsel auf einem Jahreskontoauszug. Versuchen Sie, den Wert so genau wie möglich zu ermitteln. Es wird hier ein Wert von 100.000 angenommen.
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Der nächste Wert ist die noch verbleibende Restlaufzeit. Dabei handelt es sich um den Zeitraum, auf den der Schaden errechnet werden muss. Es soll hier ein Wert von 4 Jahren angenommen werden.
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Sie rechnen also: 100.000 Euro Ablösesumme x 3 % Schadenszinsen x 4 Jahre Restlaufzeit = 12.000 Euro. Das ist der Betrag - nach vereinfachter Berechnung - der als Vorfälligkeitszins zu bezahlen wäre.
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Unbedingt zu beachten ist auch, dass vertraglich vereinbarte Möglichkeiten zur Sondertilgung in die Berechnung mit einfließen müssen. Haben Sie zum Beispiel vereinbart, dass Sie alle zwei Jahre eine Sondertilgung von 20.000 Euro vornehmen können, so hätte die Bank mit der Möglichkeit rechnen müssen, sodass der Schaden um diese Tatsache reduziert wird.
Da diese Berechnung sehr vereinfacht dargestellt wurde und die Ermittlung der Werte für einen Laien relativ schwierig ist, sollten Sie diese Zinsen unbedingt von einer Verbraucherzentrale prüfen lassen. Die Kosten dafür lohnen sich in jedem Fall. Im Hinblick darauf, dass sich solche Vorfälligkeitszinsen in finanziellen Engpässen, zu echten Schockbeträgen entwickeln können, sollte man vielleicht bereits bei Kreditabschluss bestimmte Faktoren im Auge haben: Zinsbindungsfrist sowie die Möglichkeit und die Höhe der Sondertilgungen.
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