Woher kommt die Tradition des Richtfestes?
In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist das Richtfest seit langer Zeit eine Tradition. Es ist heute hauptsächlich ein symbolischer Dank an die fleißigen Handwerker, die auf der Baustelle gearbeitet haben. Der Brauch des Richtfestes geht bis auf das 14. Jahrhundert zurück und hatte damals eine wichtige rechtliche Bedeutung. Mit dem Richten, Aufrichten oder Errichten des hölzernen Dachstuhls durch die Zimmerleute, daher stammt der Name Richtfest, waren die Arbeiten offiziell abgeschlossen. Das Fest war ein Teil der Bezahlung für die Arbeit der Handwerker. So war jedem klar, alle offenen Rechnungen waren bezahlt und das Haus beim Einzug frei von Schulden.
Natürlich war das Richtfest aber auch vom Aberglauben behaftet, denn wer damals kein Richtfest feierte, forderte das Schicksal heraus. Viele fürchteten, dass das Haus ohne dieses wichtige Ritual nicht lange stehen bleiben und die Bewohner von Unglück verfolgt werden würden.
Wie sieht das heute aus?
Muss man heute ein Richtfest feiern, auch wenn man gar nicht abergläubisch ist? Das entscheidet natürlich jeder selber. Doch der Brauch existiert nach wie vor und viele Häuslebauer wollen sich so bei den Handwerkern bedanken und haben außerdem Lust auf eine schöne Party. Schließlich rückt der lang ersehnte Umzug in das neue Heim immer näher. Es ist auch eine gute Gelegenheit die neuen Nachbarn kennenzulernen, denn die werden üblicherweise zum Richtfest eingeladen. Ein ganz lässiges Kennenlernen also.
Welche Bedeutung hat der Richtfestbaum oder Richtkranz?
Der Richtbaum wird je nach örtlicher Tradition auch oft durch einen Richtkranz ersetzt. Sowohl Richtfestbaum als auch Richtkranz werden auf dem Dach befestigt. Genau lässt sich die Herkunft dieser Tradition nicht mehr feststellen, aber der Richtbaum ist wahrscheinlich schon älter als der Weihnachtsbaum. Bäume haben eine hohe spirituelle Bedeutung und spielen auch bei anderen Festen eine wichtige Rolle, wie z.B. der Maibaum.
Holz von Bäumen schon immer ein wichtiger Rohstoff, denn aus Holz wurden Häuser nicht nur gebaut, sondern mit Holz wurden die Häuser auch geheizt. Das ganze Leben war somit von Bäumen bestimmt.
Dabei steht der Baum als Symbol für Festigkeit, Standhaftigkeit und Langlebigkeit. Etwas, was sich jeder Bauherr nur wünschen kann. In der Regel werden meist für den Richtfestbaum Nadelbäume verwendet. Für die Kränze werden auch Tannenzweige genommen. Nadelbäume sind immergrün und sind damit auch ein Sinnbild des Lebens und der Fruchtbarkeit. Insofern war mit dem Richtbaum sicher auch die Hoffnung verbunden, dass er den Bewohnern des Hauses ein gesundes Leben und viele Kinder beschert.
Die heidnischen, germanischen und skandinavischen Völker glaubten daran, dass die Seelen der Menschen von den Bäumen kamen und nach dem Tod die Seelen wieder in die Bäume zurückgehen. Der Wald war also beseelt, dort lebten nach den Mythen gute und böse Waldgeister. Weil ja nun, für den Hausbau Bäume gefällt wurden, wollte man diese Geister möglichst durch das symbolische Anbringen eines Baumes, milde stimmen und sich bei ihnen für das Holz bedanken. Die guten Geister sollten durch das Anbringen des Richtbaumes weiterleben.
Wie feiert man das Richtfest?
Für die Zeremonie steigt der Polier oder der Vorarbeiter der Zimmerleute auf das ungedeckte Dach. Dort oben halten sie eine Rede und bedanken sich bei Bauherren und Kollegen. Es wird mit dem Hammer der buchstäbliche letzte Nagel in das Dach geschlagen. Zur Richtfestfeier gehört immer ein traditioneller Richtspruch, mit dem um Segen für das neue Haus gebeten wird.
Zum Schluss trinkt der Redner einen Schnaps auf das Wohl der Hausbauer und wirft das Glas vom Dach. Ganz wichtig ist dabei, dass das Glas unbedingt kaputtgeht, denn das bringt Glück für das neue Heim. Bleibt es heil, ist das ein schlechtes Omen. So jedenfalls lautet der Aberglaube. Aber egal wie es ausgeht, danach folgt auf jeden Fall eine wilde Party auf der Baustelle.
Um das Richtfest ranken sich jede Menge mittelalterliche heidnische Mythen. Von Waldgeistern bis zu guten oder schlechten Omen ist alles dabei. Heute feiert man es aus Spaß und Freude am Fortschritt des Bauvorhabens und als Dank an alle Beteiligten. Wie die Tradition mit dem Richtbaum entstand, ist jedoch unklar.
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