Ist Frieden jemals ein "negativer" statt "positiver"?
- Das Wort "negativ" soll in der Wendung des negativen Friedens keine Wertung als "schlecht" implizieren. Tatsächlich bezieht sich "negativ" in Galtungs Friedensforschung und den daraus entstandenen Friedensbegriffen auf die Abwesenheit von bestimmten Umständen in dem Sinne, wie man auch bei Krankheitstests bei der Abwesenheit bestimmter Erreger oder Symptome von negativen Tests sprechen würde.
- Negativer Frieden meint dementsprechend die Abwesenheit von Krieg oder kriegerischen Umständen. Es handelt sich dabei um einen Zustand des Friedens, der von einer Gesellschaft mehr oder weniger passiv gelebt wird.
- Da es sich bei jener Art von Frieden um einen eher passiven Zustand anstatt um einen aktiven Prozess handelt, kann in einem Land negativer Frieden herrschen, soll heißen gegeben sein. Jene Begriffskomponente spielt nun bei der Abgrenzung des negativen zum positiven Frieden eine übergeordnete Rolle.
Abgrenzung der Friedensbegriffe
- Vielleicht würden Sie nun annehmen, dass in Deutschland in Galtungs Verständnis "negativer Frieden" herrscht. Tatsächlich aber ist der Frieden im deutschen Staat mit Galtungs Friedensbegriffen als ein positiver Frieden zu beschreiben.
- Zwar ist auch die Bezeichnung als positiv hier nicht direkt als Wertung zu verstehen, trotz dessen mag ein Land, in dem von positivem Frieden gesprochen werden kann, einem Land mit negativem Frieden in seinem Friedensbewusstsein und seiner Anstrengung für den Frieden überlegen sein.
- So ist positiver Frieden nichts, das herrscht. Es handelt sich bei dem Friedensbegriff anders als beim negativen Frieden also nicht um einen Zustand, sondern viel mehr um einen langwierigen Prozess, den eine Gesellschaft für Frieden in Kauf nimmt.
- Für positiven Frieden muss anders als für den negativen aktiv etwas in einer gegebenen Gesellschaft geschehen. Jeder einzelne Bürger trägt zur Umsetzung von positivem Frieden bei, wohingegen negativer Frieden auf staatlicher Ebene verankert ist.
- Der positive Friedensbegriff baut auf den Bemühungen einer Gesellschaft auf, aktiv die Ursachen für Kriege zu beseitigen, so beispielsweise Armut zu bekämpfen, für Gerechtigkeit zu sorgen und Gewalt einzudämmen.
- Ein Endzustand kann dabei niemals erreicht sein, da der positive Friedensbegriff Zustandshaftigkeit ausschließt. Viel mehr wird positiver Frieden von konstantem, aktivem Engagement zur prozesshaften Beseitigung von Kriegsursachen ausgezeichnet.
- Rückschläge spielen dabei genauso eine Rolle wie Fortschritte, sodass ein Rückschlag längst nicht bedeutet, dass ein Land sich nicht um positiven Frieden bemüht. Die Bemühung selbst spielt hier die Rolle, eher weniger geht es um den konstanten Erfolg.
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