Ein Kind kann aus tiefstem Innern schreien
- Junge Menschen gehen sehr bewusst mit der Frage um, ob sie Kinder haben möchten. Bis zum 19. Jh. war es Standard, Kinder im Sinne einer Familienchronik (Existenzfortführung) oder zur Altersversorgung aufzuziehen. So lieblos dieser Satz klingt, so hart war die menschliche Entwicklung zum Verständnis für Bindung und Beziehung zu Kindern.
- Wie wichtig und ernst wird ein Kind im Vergleich zur eigenen Persönlichkeit (Selbstbedeutung) anerkannt? Die Frage implizierte nicht nur die historische Basis zur Entwicklung menschlicher Bindungen/Beziehungen, sondern auch die Entscheidung, ob ein Kind in der Partnerschaft gewünscht ist. Die Entscheidung für ein Kind bedingt das Einverständnis, Zeit aufzuwenden - nicht nur zur körperlichen, sondern vor allem zur psychischen Versorgung.
- Es geht um eine ausreichende Distanz zur eigenen persönlichen Problematik sowie die Fähigkeit, das Kind als „vollkommenes Individuum“ zu akzeptieren. Die Frage, warum ein Kind nachts schreit, eröffnet zeitgleich auch die Frage: Warum darf ein Kind nachts nicht schreien?
- Sicher werden Sie sagen, ein Kind darf nachts schreien, denn es könnte Hunger, Durst, Angst oder Schmerzen haben. Vielleicht haben Sie auch gelernt, dass ein Kind an Bauchkoliken leidet und deshalb schreit. Wenn sich unter dieser Begründung das Schreien über Stunden hinzieht, gestehen Sie sich zu Recht zu, genervt zu sein. Vor allem, wenn Sie bereits stundenlang bemüht sind, Ihr Kind zu beruhigen (stillen, wickeln, herumtragen usw.). Würden Sie anschließend noch verstehen, warum Ihr Kind nachts weiterhin schreit?
- Versuchen Sie es durch ein Experiment zu verstehen: Versetzen Sie sich bei Gelegenheit in einen meditativen Zustand. Spüren Sie Ihren Körper als eine feste Materie, die etwas umschließt, was sich nicht beschreiben lässt? Spüren Sie, dass Sie aus mehr als nur Ihrem Körper bestehen? Vielleicht ist das „Andere“ im Körper eingeschlossen - vielleicht aber groß genug, um auch den Raum, in dem Sie sich befinden, zu erspüren.
- Unabhängig, in welcher Dimension Sie sich wahrnehmen, schauen Sie tiefer in sich hinein. Was spüren Sie? Tauchen unmerkbar sanfte, undefinierbare Empfindungen (Freude, Harmonie, Schmerz u.v.m.) auf? Konzentrieren Sie sich mal auf den Schmerz - möchten Sie ihn herausschreien? Können Sie vielleicht sogar bis zu Ihrem eigenen inneren Kind vordringen, das vor psychischem „Schmerz“ schreien möchte? Lassen Sie dieses Empfinden ohne jede weitere Erklärung und Vertiefung so stehen. Entwickelt sich Ihnen ein anderes Verständnis, warum Ihr Kind nachts schreien könnte?
Lernen Sie zu deuten, warum Ihr Kind nachts schreit
- „Live Is Life“ - Verständnis zu entwickeln, warum Ihr Kind nachts schreit, bedeutet, es zu beobachten, kennenzulernen und Möglichkeiten zu überlegen. Mit etwas Übung werden Sie die verschiedenen "Schrei-Arten" Ihres Kindes unterscheiden lernen und erkennen, ob es Hunger hat, müde, überdreht oder krank ist (funktionelles Schreien). Lassen Sie Ihr Kind in jedem Fall ärztlich untersuchen, um Ursachen zu ergründen. Manche Kinder schreien aus Langeweile - da obliegt es Ihrer erzieherischen Intention, zu entscheiden, inwieweit Sie auf das Schreien eingehen.
- Einige Kinder schreien, weil sie sich unwohl fühlen und körperliche Nähe benötigen. Diese Empfindungen sollten Sie aufgreifen, um das Urvertrauen zu stärken. Beruhigen Sie Ihr Kind liebevoll und legen Sie es anschließend wieder in sein Bett. Aber warum schreit Ihr Kind die halbe Nacht durch und was können Sie tun? Erinnern Sie sich an Ihre Meditation - selbst ein glücklicher Mensch kann ein undefinierbares „Leidempfinden“ verspüren. Überlegen Sie Folgendes.
- Ein schreiendes Kind ist eine Herausforderung für Eltern und die Welt ist eine Herausforderung für Kinder, die mit einem Geburtstrauma beginnt. Ist dieses Trauma aufgrund einer leichten, schnellen Geburt gering, kann man sich beglückwünschen. Dauerte der Geburtsweg lange, vielleicht eine ganze Nacht, ist es kein Wunder, wenn die menschliche Seele sich zwischenzeitlich an das "Erdbeben" erinnert und nur schreien möchte.
- Während der Schwangerschaft wächst das Kind unter besten Bedingungen (Wärme, Geborgenheit, Versorgung, Empathie) heran. Der symbiotische Zustand zur Mutter sorgt für Gefühle der Ruhe, Zufriedenheit, Glückseligkeit. Plötzlich beginnen die ersten Erdbeben (Wehen) für das Baby. Das Kind reagiert emotional, mit Bedrängnis- und Angstempfinden, die sich steigern, wenn sich der Kopf in den Geburtskanal drückt. Die Geburt kann zum Trauma werden (Stanislaw Grof/Otto Rank).
- Vielleicht schreit Ihr Kind nachts, weil es Hilflosigkeit, Angst, Entsetzen und Not spürt. Diese Empfindungen kann es nicht mit einem kurzen Schrei abbauen. Sie als Eltern werden es nicht befreien können. Aber Sie können Ihr Kind in seiner größten Not begleiten. Seien Sie an seiner Seite. Halten Sie es in Ihrem Arm, beruhigen Sie es, selbst wenn es zwei Stunden dauert – die Geburt dauerte (vielleicht) länger. Weichen Sie von dem Standpunkt ab, etwas „gegen“ dieses Schreien unternehmen zu können – und werden Sie zum liebevollen Partner.
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