1936 schrieb der Engländer John Maynard Keynes ein Epoche machendes Werk. Deutsch übersetzt trägt es den Titel: "Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes".
Der Keynesianismus löste staatliche Neutralität ab
- Keynes erkannte, dass die bis zur Weltwirtschaftskrise 1929 bestehende Denkrichtung des "Laissez-faire-Konzepts" keine Grundlage für eine Wirtschaftsordnung mehr sein könne. Bis dahin bestand der Glaube, dass sich die Kräfte der Wirtschaft in einer automatischen Harmonie befänden und sich alles von selbst regele.
- Entgegen der Annahme der von Adam Smith begründeten klassischen Nationalökonomie besteht gerade keine automatische Tendenz zur Vollbeschäftigung in der Wirtschaft. Vielmehr müsse der Staat aktiv werden, um Wege aufzuzeigen, die die Vollbeschäftigung sichern könnten.
- Mit dem Keynesianismus wurde das Bewusstsein dafür geschärft, dass die wirtschaftliche Selbststeuerung einer beständigen Überwachung durch eine aktive Wirtschaftspolitik bedarf. Nur so können Fehlentwicklungen bekämpft werden. Die Vorteile bestanden also darin, dass sich ein Umschwung von der grundsätzlichen Ablehnung staatlicher Intervention zu ihrer grundsätzlichen Bejahung vollzogen hatte.
Vor- und Nachteile führen zu Zielkonflikten
- Damit ergeben sich aber auch zugleich die Nachteile. Den Möglichkeiten des Staates, marktwirtschaftliche Prozesse zu beeinflussen, sind von vornherein Grenzen gesetzt. Zunächst sind die Kenntnis der wirtschaftlichen Tatsachen und das Wissen um die Zusammenhänge bei Politikern eher bescheiden.
- Auch lässt sich ein wirtschaftlicher Missstand oft nicht beseitigen, ohne eine andere unerwünschte Situation hervorzurufen. Es bestehen Zielkonflikte. Ferner ist unsicher, inwieweit sich wichtige wirtschaftspolitische Maßnahmen im politischen Willensbildungsprozess im richtigen Umfang zur richtigen Zeit überhaupt durchsetzen lassen.
Die Wirklichkeit zerstörte auch diese Illusion
- Aufgrund der wirtschaftspolitischen Erfolge in den Sechzigerjahren in USA und Deutschland machte sich ein überschäumender Optimismus vieler, von dem Keynesianismus inspirierter Nationalökonomen breit, die glaubten, man könne mithilfe staatlicher Maßnahmen wirtschaftspolitische Probleme weitgehend lösen.
- Aufgrund der wachsenden Inflationsraten der Siebzigerjahre und dem Auftreten von Inflation und hoher Arbeitslosigkeit wich der Optimismus einer zunehmenden Skepsis hinsichtlich der Bandbreite dessen, was wirtschaftspolitisch machbar schien.
Im Fazit lässt sich feststellen, dass die Vor- und Nachteile des Keynesianismus jeweils für sich gesehen kein Allheilmittel darstellen. In jedem Fall hat sich gezeigt, dass Wirtschaft ohne staatliche Lenkung nicht funktioniert. Die Frage bleibt nur, wann und wie weit der Staat eingreifen soll und eingreifen darf. Beispiel: Die Tarifhoheit der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände ist für den Staat tabu, er setzt allenfalls den gesetzlichen Rahmen.
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