Eine Analyse des Liedes "In der Mitte der Nacht" stützt sich auf verschiedene Aspekte, die schließlich miteinander verbunden werden können: Form, Melodie, Text und Wort-Ton-Bezug.
Form des Liedes
- "In der Mitte der Nacht" ist als zweiteiliges Lied aufgebaut, jeweils aus Refrain und Strophen bestehend. Der Refrain umfasst zwei achttaktige Perioden, die Strophe ist ebenfalls acht Takte lang.
- Die Tonart des Liedes ist G-Dur. Eine harmonische Analyse ergibt, dass der Refrain sich ganz nach dem traditionellen Muster von Vorder- und Nachsatz richtet. Die Melodie beginnt mit der Tonika G-Dur, endet nach den ersten acht Takten - in der Mitte des Refrains - auf der Dominante D-Dur und wird schließlich nach weiteren acht Takten wieder zur Tonika G-Dur zurückgeführt. Die Strophe ist ähnlich aufgebaut, auch sie beginnt in G-Dur und endet in D-Dur. Dieser Halbschluss ist insofern beabsichtigt, als sich an jede Strophe wieder ein neuer Refrain anschließt, sodass das Lied in jedem Fall mit der Tonika aufhört.
- Bezeichnend ist der Plagalschluss am Ende des Liedes, der von der Subdominante C-Dur in die Tonika G-Dur führt. Diese harmonische Wendung eignet sich besonders gut für ein Kirchenlied, zumal sie manchem Gottesdienstbesucher sicherlich aus der obligatorischen "Amen"-Floskel bekannt ist.
Text - Metaphern von Nacht und Licht
- Das Lied besteht aus drei kurzen Strophen, deren Refrain sowohl Einleitung als auch Bekräftigung der vorherigen Worte darstellt. Die Worte des Refrains bestehen vorrangig aus Metaphern. Die "Mitte der Nacht" ist ein Symbol für die größtmögliche Dunkelheit, die wiederum Assoziationen von Angst, Hoffnungslosigkeit und Trauer hervorrufen kann. Der "Anfang eines neuen Tags", der in der Mitte der Nacht liegt, steht dagegen für einen Neubeginn, für Trost, Hoffnung, Wärme und Licht.
- Die Strophen sind inhaltlich als Steigerung aufgebaut. In der ersten Strophe heißt es "Ich will Licht sehn", in der zweiten bereits "Ich will Licht sein". Licht zu sehen, bedeutet Hoffnung und Mut zu schöpfen, Licht zu sein, bedeutet, es auch an andere weiterzugeben, was ein noch viel stärkeres Bild ist. Die dritte Strophe schließlich sagt "Lasst uns Licht sehn!" und ruft auf diese Weise zur Gemeinschaft und zum gemeinsamen Gottvertrauen auf, das die ewige Nacht durchbrechen kann.
- Eine zweite Steigerung in den Strophen, die alle nach dem gleichen Satzmuster aufgebaut sind, ergibt sich in den Worten, die vom Wunsch nach Handlung sprechen. In der ersten Strophe heißt es "die richtigen Wege finden in der Einsamkeit", in der zweiten bereits "die richtigen Worte finden, die die Liebe weckt". Das Wort "Liebe" ruft wesentlich stärkere und auch positivere Assoziationen vor als das Wort "Einsamkeit". Diese Vorstellung wird in der dritten Strophe bestätigt, in der es heißt "auf unsern Wegen gehen, wo kein Unheil droht", denn hier wird abermals der Fokus auf die Gemeinschaft gelegt, die für den Glauben so wichtig ist.
Mitten in der Gemeinde - Melodie und Wort-Ton-Bezug
- Der Rhythmus des Liedes orientiert sich weitestgehend am normalen Sprechrhythmus. Es handelt sich in erster Linie um Viertel- und Achtelnoten, sodass die Melodie einfach nachzusingen ist und leicht ins Ohr geht.
- Dass die Melodie teilweise versucht, den Text zu veranschaulichen, fällt z.B. in der zweiten Zeile auf. Bei den Worten "in ihrer dunklen Erde", genauer gesagt bei dem Wort "dunklen", ist die Melodie auf ihrem Tiefpunkt angelangt, während sie sofort danach bei den Worten "blüht die Hoffnung" ihren Spitzenton erreicht.
- In der ersten Strophe tritt nach dem Wort "Einsamkeit" eine längere Pause ein, die den Melodiefluss unterbricht, so als wollte sie die Einsamkeit und Leere bildlich und akustisch umsetzen.
All diese Beobachtungen tragen dazu bei, dass dieses Lied für den Gottesdienst so geeignet ist - ein Pfarrer könnte es z.B. als Bestandteil seiner Predigt nutzen - und aufgrund seiner eingängigen und prägnanten Melodik gerade von Jüngeren gerne gesungen wird.
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