In der Statistik nennt man Werte, die zugewiesen werden müssen, weil bestimmte Daten nicht erhoben werden können, Schätzungen oder Behauptungen. Ein Bestandteil des Bruttoinlandsprodukts ist beispielsweise der Eigentümermietwert. Mietzahlungen leistet in der Realität allerdings niemand. Sie sind reine Fiktion, bis sie Einzug in die Statistik finden.
Eigentümermietwert als fiktive Miete
Bei einer mietvertraglichen Regelung gibt es immer auf einer Seite einen Zahlenden und auf der Gegenseite einen Empfänger; nicht so bei der selbst bewohnten Eigentumswohnung oder beim Eigenheim. Hier kommt es zum Entstehen einer fiktiven Miete, da keine Zahlungen geleistet werden, weil sie der Betreffende an sich selbst überweisen müsste.
- Das Statistische Bundesamt geht bei seinen Berechnungen davon aus, dass jeder Eigenheimbesitzer über Mieteinnahmen verfügt. Im Hamburger Umland sollen es durchschnittlich 800 Euro sein. Nicht beachtenswert ist, ob Sie die Eigenheimmiete tatsächlich kassieren oder lediglich selbst in Ihrem Haus wohnen. Das Bundesamt meint, allein weil Sie keine Miete zahlen müssen, würden Sie eine Menge Geld sparen.
- Im Bruttoinlandsprodukt findet sich der fiktive Mietwert auf der Einnahmenseite als Bestandteil des Einkommens aus Vermögen. Als Ausgaben für Miete taucht er auf der Ausgabenseite auf.
- Ein im Bruttoinlandsprodukt eingehender Eigentümermietwert hat den Effekt, dass sie die Bürger um einiges reicher machen, die Abgabenlast verringert sich und damit auch die Neuverschuldung. Liegen die in der Statistik genannten Aufwendungen für Erhaltung und Nutzung des Wohnraumes über dem fiktiven Mietwert, entsteht unter Umständen negatives Einkommen aus Vermögen.
- Theoretische Mietzahlungen spielen weiterhin im Unterhalts-, Erb- und Steuerrecht eine Rolle.
Unterhalt und mietfrei wohnen
- Wenn ein Unterhaltsschuldner/Unterhaltsgläubiger Wohneigentum nutzt und so keine Miete zahlt, hat das Auswirkungen auf den zu leistenden beziehungsweise beanspruchbaren Unterhalt. Im Detail kommt es zu einer Anrechnung auf das Einkommen. Grundlage bildet die Differenz zwischen einer angemessenen ortsüblichen Miete für diese Wohnung und bestimmten monatlichen Lasten.
- Ein Beispiel soll das darstellen: Angenommen, ein Unterhaltsschuldner bewohnt eine eigene Eigentumswohnung. Im Monat zahlt er gewisse Lasten vergleichbar mit einer Kaltmiete in Höhe von 250 Euro. Als Mieter müsste er für diese Wohnung monatlich 550 Euro Kaltmiete aufbringen. Nicht einbezogen werden in beiden Fällen verbrauchsabhängige Kosten.
- Bei der Feststellung der Unterhaltsleistungen wird die Differenz zwischen der fiktiven (theoretischen) Miete und den tatsächlichen Lasten als Einkommen angerechnet. In diesem Fall wären das 300 Euro. Der Gesetzgeber begrenzt die Anrechnung eines fiktiven Einkommens. Die Grenze liegt bei einem Drittel des Unterhaltsanspruchs beziehungsweise tatsächlichen Einkommens.
- Wenn ein Unterhaltsanspruch beispielsweise 600 Euro beträgt (der Mietvorteil bleibt hierbei unberücksichtigt), dann werden lediglich 200 Euro als fiktives Einkommen des Unterhaltsberechtigten und nicht 300 Euro berücksichtigt.
Ziehen Sie aus beruflichen Gründen um, erhalten Sie später vom Finanzamt eine mitunter schöne Summe Geld zurück. Eine Mietentschädigung wegen umzugsbedingten Leerstandes des eigenen Hauses ist nicht vorgesehen. Denn hier handelt es sich um eher theoretische Mieteinnahmen. Die können Sie nicht als Aufwendungen in der Steuererklärung unterbringen. Nur echte belegbare Ausgaben für den Ortswechsel können Sie von der Steuer absetzen.
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