Einladung einer arabischen Familie - seien Sie glücklich
- Sind Sie jemals in einer Casbah gewesen? Vorherrschend sind dort die sogenannten "Riyad's". Es handelt sich dabei um abgeschottete, in der Regel mehrstöckige Häuser, in denen meist eine Großfamilie lebt. Nach außen einer Trutzburg gleichend, ist es aber innen umso lebendiger. Sie finden dort bei wohlhabenderen Familien sehr schöne Gärten und reich geschmücktes Interieur.
- Öffnet man Ihnen die Pforte, so breitet sich vor Ihnen der Besitz des Hausherrn aus. Er entblößt sich Ihnen und zeigt darin, dass er Ihnen vertraut. Diese Haltung ist auch bei Arabern zu finden, die nicht in den Altstädten von Marrakesch, Tunis oder Sanaa wohnen. Familie ist heilig, sie ist verwundbar und schutzbedürftig. Eine Einladung zu einer arabischen Familie ist also ein Vertrauensbeweis und ein Kompliment. Nehmen Sie es mit Dankbarkeit und ruhig mit etwas Demut an.
Man erwartet keine Perfektion von Ihnen
- Sie müssen vorher keine arabischen Benimmbücher studieren. Perfektion im Benehmen wird man in allen Feinheiten nicht von Ihnen erwarten. Dass Sie guten Willen an den Tag legen, zu erkennen geben, dass Sie die Einladung ehrt und dass Sie sich dementsprechend bemühen, nicht negativ aufzufallen, sollten Sie als Selbstverständlichkeit ansehen.
- Überlassen Sie die Wahl der Themen bei Unterhaltungen möglichst dem Hausherrn. Nicht in allen arabischen Familien ist man es gewohnt, dass aktuelle politische Debatten bei Tisch ausgetragen werden. Drängen Sie Ihrem Gastgeber ein Thema oder gar Ihre Meinung auf, wird dieser zwar zunächst keine deutlich erkennbare Reaktion zeigen, doch Ihre Sympathiewerte sind stark gesunken. Haben Sie Ihren Gastgeber, durch Ihr forsches Auftreten gar gekränkt, müssen Sie damit rechnen, zum letzten Mal eingeladen gewesen zu sein.
- Ein vergleichbarer Fettnapf ist Ihr Verhalten gegenüber der Hausherrin oder den bei Tisch sitzenden Kindern. In vielen arabischen Familien sind die Frauen berufstätig, oft machen sie Karriere. Dennoch bedeutet es nicht selten eine Einmischung in die häusliche Hierarchie, wenn Sie mit der Dame des Hauses ein Gespräch führen. Was im Hause üblich ist, wird man Ihnen zeigen.
- Ergreift etwa die Dame des Hauses das Wort und möchte Ihre Meinung zu einem Thema hören, so werden Sie mit Ihr ganz normale Gespräche führen können. Haben Sie hingegen den ganzen Abend über mit dem Hausherrn gesprochen und die Frau hat meist schweigend daneben gesessen, so sollten Sie davon ausgehen, dass dies seinen Grund hat. Unter Frauen hingegen sind Gespräche durchaus üblich und können mitunter sehr privat werden.
Der Abend beginnt - Ankunft und Begrüßung
- Sind Sie bei einer arabischen Familie eingeladen, so seien Sie pünktlich. Zu früh zu sein ist dabei schlimmer, als zu spät zu sein. Denken Sie daran, dass man Sie ins Allerheiligste einlädt und sich damit vor Ihnen nicht blamieren möchte. Ihre Gastgeber werden folglich nicht weniger nervös sein, als Sie. Wird aus irgendwelchen Gründen eine Vorbereitung erst in den letzten Minuten getroffen, so sollten Sie die Familie dabei nicht überraschen und sie beschämen.
- Entwickelt sich aus dem Verhältnis eine engere Freundschaft kann es sein, dass Sie irgendwann einfach dazu gehören und man von Ihnen erwartet, kleinere Macken zu übersehen. Beim ersten Kennenlernen hingegen will man sich von der besten Seite zeigen.
- In der Regel wird die Einladung an das Familienoberhaupt gerichtet. Das ist immer noch der Mann. Dieser wird regelmäßig nicht allein eingeladen, wenn er verheiratet ist. Aber achten Sie auf die Zwischentöne, denn Kinder werden nur bei privaten Treffen mit am Tisch sitzen. Bei einem Geschäftsessen hingegen sollten Sie sicherheitshalber darauf verzichten auch Kinder mitzubringen.
- Treffen Sie ein, so kann es je nach Herkunft und Erziehung sein, dass Sie (auch als Mann) mit Wangenkuss begrüßt werden. Mögen Sie das nicht, ziehen Sie nicht den Kopf zurück. Das wäre ein Affront. Hier können Sie von Konrad Adenauer lernen. Als Nikita Chruschtschow, der dafür bekannt war, jedem Staatsgast einen Bruderkuss zu verabreichen, dies bei Adenauer versuchte, ergriff dieser mit der rechten die Hand Chruschtschows und legte die Linke auf seinen Unterarm. Durch diese herzlich wirkende Geste war Chruschtschow der Weg versperrt und sowohl Kuss als auch Affront vermieden.
Müssen Sie Geschenke mitbringen?
- Geschenke sind immer freiwillig. Aber ein gut gewähltes Geschenk kann eine Hilfe sein, das Eis zu brechen, wenn sich über das Geschenk der erste Gesprächsstoff ergibt. Versuchen Sie also, möglichst viel über Ihren Gastgeber in Erfahrung zu bringen. Dies dürfte nicht schwer sein, da einer Einladung oft ein Kontakt am Arbeitsplatz oder anderswo vorausgegangen ist.
- Vergessen Sie also nicht, dass Ihr Gegenüber auf jeden Fall eine Vertiefung Ihrer Beziehung wünscht. Man wird also über manchen Lapsus hinwegsehen. Zeigen Sie guten Willen und vermeiden Sie die größten Fettnäpfchen, dann sollte Ihnen ein großartiges interkulturelles Abenteuer bevorstehen.
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