Blutige PC-Welten - bei Teenagern beliebt
- Seit Anfang der Neunziger der weltweite Vormarsch der Heim-PCs begann, gibt es Spiele, die sich durch Brutalität auszeichnen. Doch erst mit dem Columbine-Massaker von 1999 und der darauf folgenden Welle der School Shootings wurde PC-Gewalt ein elternrelevantes Thema.
- Der Grund ist, dass immer wieder festgestellt wurde, dass Schulamokläufer begeisterte Fans von sogenannten "Ballerspielen" waren. Spätestens seit dem Amoklauf von Winnenden 2009 wird auch in Deutschland immer wieder heftig über ein Verbot von Ego-Shootern und Co. diskutiert.
- Computeraffine Erwachsene wissen aber: Verbote sind sinnlos. Über das Internet gibt es immer Möglichkeiten, an die berüchtigten Spiele zu kommen. Zudem gilt, dass gerade die Games, deren Ruf berüchtigt ist, bei Teenagern auf Begeisterung stoßen. Ein Hype entsteht, der eine Nachfrage zur Folge hat, die das Netz in Rekordzeit befriedigt.
- Eltern sind oft ratlos, wissen sie doch nicht einmal, welche Spiele überhaupt als problematisch gelten. Wenn Sie zwar den Begriff "Ballerspiel", aber keine Einzelheiten kennen, hilft Ihnen ein Leitfaden.
Die brutalsten Spiele im Überblick
- Natürlich sind Ego-Shooter vom Prinzip her brutal. Sie funktionieren wie folgt: Der Spieler muss ein Ziel erreichen, doch das kann er nur, indem er unterwegs so viele Gegner wie möglich ausschaltet. Hierfür stehen ihm Waffen zur Verfügung - je nach Setting des Spiels können das Pistolen und Gewehre oder auch Schwerter bzw. Pfeil und Bogen sein.
- Die Problematik der Ego-Shooter ist die Einfachheit des Tötens: Ein Klick und der Gegner fällt zu Boden oder wird effektreich zerrissen. Bekannte Beispiele sind Doom, Resident Evil und Call of Duty. Aufgrund seiner ausgefeilten Grafik ist vor allem Letzteres zu den brutalsten Spielen zu rechnen.
- Neben den Ego-Shootern gibt es auch sehr brutale Beat'em ups. Bei Spielen wie Tekken stehen sich zwei Gegner gegenüber, die einander verprügeln müssen. An sich ist das so harmlos wie eine Schulhof-Rauferei, doch einige dieser Games setzen auf überbordende Gewalt.
- Ein Klassiker ist Mortal Kombat: Hier kann ein Spieler seinen Gegner "finishen", was bedeutet, dass er ihn mit einer besonders heftigen Aktion effektvoll tötet. Berüchtigt unter den Beat'em ups ist auch Thrill Kill, ein Spiel, das nie auf den Markt kam, aber im Internet grassiert. Hier werden Gegner beispielsweise mit ausgerissenen Beinen verdroschen.
- Die dritte und gefährlichste Gruppe der gewaltreichen Videospiele sind Games aus dem Torture-and-Kill-Bereich. Hierbei handelt es sich um zwei Gruppen von Spielen. Bei Ersterer muss zum Erreichen des Spielziels ausgefeilte Folter eingesetzt werden. Bei Letzterer ist das Töten selbst das Spielziel. Als Beispiele für Folterspiele sind Punisher und Saw zu nennen. Bei Ersterem foltert der Spieler selbst, bei Letzterem muss er sich aus Foltermaschinerien befreien.
- Als brutalsten Vertreter des reinen Tötungsspiels sollte man Manhunt kennen. In diesem Game wird der Spieler zum Hauptdarsteller eines Snuff-Films. Um zu überleben muss er andere Spielcharaktere möglichst blutig und grausam umbringen.
Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Spielgruppen ist wichtig, wenn es um den Umgang mit Ihrem Kind in Bezug auf solche Games geht.
Reden, Aufklären, Verbieten - Ratschläge für Eltern
- Wenn Sie festgestellt haben, dass Ihr Kind eine Affinität zu brutalen Spielen zeigt, sollten Sie sich zunächst einmal Folgendes vor Augen halten: Aggressivität, die sich in irgendeiner Form äußert, ist gerade für männliche Teenager normal.
- Jugendschützer haben immer wieder festgestellt, dass der Konsum von brutalen Games allein keinen Teenie zum Psychopathen macht. Wichtig ist daher, dass Sie nicht überragieren - auch nicht, wenn Sie extreme Beispiele wie "Manhunt" auf dem Computer Ihres Kindes finden.
- Halten Sie sich Folgendes vor Augen: Auch für Sie hatte als Jugendliche/r das Verbotene seinen Reiz. Vor einer oder zwei Generationen war der Zugang zu Gewalt aber eingeschränkter. Die Medien waren nicht jederzeit allgemein zugänglich, der Horizont eingeschränkter. Verbote wurden ausgereizt, indem man heimlich rauchte oder sich Erwachsenenmagazine anschaute. Das Konsumieren als gefährlich geltender Spiele ist zunächst einmal nichts anderes.
- Wichtig ist aber, dass Ihr Kind sich nicht auf Kosten solcher Games aus der Realität zurückzieht. Behalten Sie daher seinen Spielkonsum genau im Auge. Wenn jede freie Minute in der virtuellen Welt verbracht wird, wenn soziale Kontakte sich verlieren, Ihr Kind in der Schule nachlässt und immer stiller wird, sollten Sie hellhörig werden. Gerade Teenager, denen es schwerfällt, sich sozial zu profilieren, laufen Gefahr, am PC eine Art Ersatzbefriedigung zu suchen. Stellen Sie dies bei Ihrem Kind fest, suchen Sie das Gespräch.
- Auch sonst können Gespräche nicht schaden. Wichtig ist aber, dass Sie den Fokus nicht auf "die bösen Ballerspiele" legen - darauf wird kein Teenager hören. Stattdessen sollten Sie versuchen, Ihrem Kind begreiflich zu machen, dass das Töten in Ego-Shootern nichts anderes ist als das Münzensammeln bei Super Mario - ein Mittel zum Zweck, das niemals mit echter Grausamkeit verwechselt werden darf.
- Außerdem sollten Sie Ihrem Kind begreiflich machen, dass Spiele wie Manhunt, die nur noch aufs Töten ausgelegt sind, von deren Machern nicht ernst gemeint sind. Sie haben denselben Effekt wie Horrorfilme, die Faszination des Grauens, die nichts mit dem echten Leben zu tun haben darf.
Fazit: So schwer es Ihnen fällt - verbieten Sie Ihrem Kind keine brutalen Spiele. Der einfache Grund ist, dass ein Verbot nichts bewirkt. Irgendwie kommt ein Jugendlicher immer an die Games heran. Verbieten Sie ihm Computer, Tablet und Handy, sind Sie untendurch und Ihre Meinung wird erst recht als die falsche angesehen. Wichtiger ist, dass Sie Ihrem Kind klarmachen, dass virtuelle Gewalt nicht mit realer vergleichbar ist. Seien Sie offen, auch für Fragen und auch dann, wenn sich Ihr Kind von einem Spiel verstört zeigt. Erst, wenn Sie spüren, dass sich Ihr Kind von der Realität abkapselt, sollten Sie härtere Maßnahmen ergreifen. Im schlimmsten Fall hilft ein Gespräch bei einer Beratungsstelle.
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