Weiterer Autor: Markus Beek
Darstellung, Appell und Ausdruck nach Karl Bühler
Bühlers Kommunikationsmodell sagt aus, dass menschliche Sprache ein Werkzeug ist. Er bezeichnete die menschliche Sprache als Organon, sie ist nach seiner Vorstellung ein Mittel oder Instrument. Nachdem das Organonmodell als Kommunikationsmodell zu verstehen ist, sollte zunächst eine Definition des Ausdrucks "Kommunikation" relevant sein. Grundsätzlich meint jegliche Art des Informationsaustauschs zwischen mindestens zwei Individuen eine kommunikative Situation, wobei die Art des Austauschs neben verbaler, genauso nonverbaler Natur sein kann, so beispielsweise bei Zeichensprache.
- Karl Bühler beschäftigte sich mit der Frage, was eine gelungene und was eine fehlgeschlagene kommunikative Situation bedingt. Dazu gliederte die ausgetauschte Information in seinem Organonmodell in Appell, Darstellung und Ausdruck auf, die alle drei zwischen einem Sender und einem Empfänger hin und her geschickt werden.
- Ein Sprecher, der sich in einer kommunikaitven Situation befindet, stellt laut Bühler immer einen bestimmten Sachverhalt dar, verleiht dabei gleichzeitig seiner selbst Ausdruck und fordert den Empfänger unterdessen auf, tätig zu werden, so beispielsweise etwas zu erledigen, ihm zu antworten, oder einfach nur zu zu hören.
- Den Selbstausdruck des Sprechers fasst Bühler im Organonmodell unter Darstellungsfunktion zusammen, die Aufforderung an den Sprecher bezeichnet er als Apellfunktion und die Darstellung eines Sachverhalts als Darstellungsfunktion einer sprachlichen Äußerung.
- Je nach Einzelsituation überwiegt nun Darstellungs-, Ausdrucks- oder Aufforderungsfunktion der Mitteilung. So wollen Nachrichten zum Beispiel eher einen Sachverhalt schildern, als einen Sprecherausdruck zu vermitteln, in einem Auftrag, den ein Arbeiter von seinem Chef erhält, überwiegt demgegenüber die Appellfunktion, wohingegen ein lyrischer Vortrag sich eher auf den Sprecherausdruck fokussiert.
- Bühlers Organonmodell impliziert, dass jede sprachliche Äußerung jedoch immer aus jenen drei Komponenten besteht, sodass niemals eine Reinform der drei Funktionen interpretierbar ist. Wie objektiv etwas auch dargestellt wird, formt sich jede Sprachäußerung doch immer aus der Sprechersubjektivität, wobei schon die Wortwahl eine Art der Selbstdarstellung ist.
Das Organonmodell als Darstellung von gelungener und misslunger Kommunikation
Das Organonmodell geht davon aus, dass ein Hörer zum Gelingen von Kommunikation alle drei Sprachfunktionen in seiner Interpretation beachten muss. Konzentriert er sich auf einen oder zwei der genannten Aspekte, so wird die kommunikative Situation misslingen, weil der die Aussage des Gegenübers missversteht.
- Konzentriert ein Hörer sich beispielsweise auf die Darstellungsfunktion einer Mitteilung, so lässt ihn das davon ausgehen, das Gesagte sei die eigentliche Mitteilung und ein implizierter Mehrwert sei in der Aussage nicht vorhanden.
- Das ist falsch, denn immer hat ein Sprecher bestimmte Motive, dem Hörer eine bestimmte Mitteilung zu einer gegebenen Zeit zu machen und immer fordert er dabei auch etwas vom Hörer zurück. Wird auf den Sprecherausdruck nicht geachtet, so kann beispielsweise Sarkasmus nicht erkannt werden und Aussagen werden fehlinterpretiert.
- Sagt eine Mutter zu ihrem Kind: "Wir müssen in 20 Minuten fahren und dein Zimmer ist noch immer unaufgeräumt." und nimmt das Kind allein die Darstellungsfunktion der Mitteilung wahr, so misslingt die Kommunikation, da der nicht-explizite Appell der Mutter, das Zimmer aufzuräumen, keine Beachtung findet.
- Je nach Sprecher-Hörer-Beziehung hält das Organon-Modell das Gelingen von einer Kommunikationssituation für wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher. Ferner muss die Formulierung einer Aussage sich automatisch daran orientieren, wie nahe sich Sprecher und Hörer stehen. Ein Sprecher, der dem Hörer gut bekannt ist, hat höhere Freiheiten in seiner Formulierung, da Implizierungen, Ziele und Intentionen eher vom Hörer erkannt werden.
- Dass auch Sätze verstanden werden, die nicht vollständig ausgesprochen wurden oder mit medial bedingte Störungen den Hörer erreichen, hat laut Karl Bühler mit der Tatsache zu tun, dass Sprecher und Hörer in ihrem Kopf durch den täglichen Kontakt mit der Sprache über bestimmte Schemen verfügen.
- So erinnern sie sich automatisch, welche Wörter am häufigsten im Zusammenhang mit welchen anderen genutzt werden. Jener Erfahrungsraum und das Abrufen desselben in der Situation passen fehlerhafte Sätze an, sodass Lücken oder Ungenauigkeiten in einem Satz vom Hörer bewusst kaum wahrgenommen werden.
- Dies kann zum Gelingen der Kommunikation trotz Fehlern führen, das muss es aber nicht. Viel mehr kommt es genauso häufig vor, dass der erschlossene Sinn nicht dem tatsächlichen entspricht und der Erfahrungsraum des Hörers schließlich Schuld am Misslingen der Kommunikation hat.
- Ein solches Misslingen kann verhindert werden, wenn der Hörer sich bewusst macht, dass er während der Kommunikation Schemen der abruft. Wenn er diese hinterfragt und dazu Appell-, Darstellung- und Ausdrucksfunktion des Sprachzeichens beachtet, so sollte die Kommunikation laut Organonmodell mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein.
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