Hinführung zum Gesetz der großen Zahlen
Das Gesetz der großen Zahlen verstehen Sie am einfachsten, wenn Sie sich ein besonders einfaches Beispiel heranziehen. Bei einem einfachen Würfelwurf mit einem fairen Würfel gibt es sechs verschiedene Ergebnisse (die Zahlen 1 bis 6), die alle die gleiche Wahrscheinlichkeit besitzen. Es gilt also beispielsweise P("6 gewürfelt") = 1/6. Doch was hat dies nun mit dem Gesetz der großen Zahlen zu tun?
- Angenommen, Sie führen dieses Zufallsexperiment nun 100-mal unter den gleichen Umständen durch und machen eine Strichliste wie häufig die Zahlen 1 bis 6 jeweils aufgetreten sind, dann haben Sie auf diese Weise die absoluten Häufigkeiten bestimmt. Setzen Sie diese nun in Relation zur Anzahl der Würfelwürfe, dann erhalten Sie die relativen Häufigkeiten. Haben Sie bei 100 Würfen z. B. 20-mal die Sechs gewürfelt, dann wäre die relative Häufigkeit der Sechs gerade 20/100 = 1/5. Die tatsächliche Wahrscheinlichkeit für das Würfeln einer Sechs ist aber nicht 1/5, sondern 1/6.
- Das Gesetz der großen Zahlen sagt nun aus, dass je häufiger Sie das Zufallsexperiment unter den gleichen Umständen wiederholen, desto mehr nähert sich die relative Häufigkeit des Zufallsergebnisses an die Wahrscheinlichkeit an. Zwischendurch kann sich die relative Häufigkeit natürlich auch wieder weiter von der Wahrscheinlichkeit entfernen, wenn Sie im Würfelwurfbeispiel beispielsweise zwischenzeitlich 100-mal hintereinander eine 6 würfeln. Auf lange Sicht aber nähern sich die beiden Größen einander an.
- Diese Gesetzmäßigkeit sollten Sie nicht interpretieren, indem Sie beim Roulette auf Rot setzen, nur weil die letzten 10 Runden immer Schwarz gedreht wurde. Auch wenn beim Lotto "6 aus 49" die Zahl 25 bisher am häufigsten gezogen wurde, heißt dies nicht, dass diese Zahl in der Zukunft seltener gezogen wird! Auch beim Poker sollten Sie nicht einfach bei einem Flushdraw auf dem Flop "all-inn" gehen, nur weil Sie den Flush bei den letzten fünf All-ins nach dem Flop nicht getroffen haben und er ja "irgendwann einmal kommen muss". Die Zufallsexperimente sind unabhängig voneinander und die verschiedenen Ergebnisse sind immer gleichwahrscheinlich. Oder kurz: Was in der Vergangenheit war, hat keine Auswirkungen auf die Zukunft.
- Diese Gesetzmäßigkeit wird in der Mathematik unterteilt in ein schwaches Gesetz für große Zahlen und ein starkes Gesetz für große Zahlen.
Mathematische Erläuterung des starken und des schwachen Gesetzes
- Beim schwachen Gesetz der großen Zahlen haben Sie Yi mit i∈N als reelle Zufallsvariablen gegeben, die alle denselben Erwartungswert µ besitzen. Des Weiteren sind je zwei verschiedene Zufallsvariablen unkorreliert. Nun bestimmen Sie das arithmetische Mittel von n dieser Zufallsvariablen, so erhalten Sie Yn' = (Y1+Y2+...+Yn)/n. Bilden Sie nun den Grenzübergang für n gegen unendlich, dann gilt für alle ε>0: limn->∞ P(|Yn'-µ|<ε) = 1 (schwaches Gesetz der großen Zahlen). Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Folge der Stichprobenmittel (Yn')n∈N mit wachsendem Stichprobenumfang N stochastisch gegen µ konvergiert.
- Beim starken Gesetz der großen Zahlen haben Sie die gleichen Ausgangsgrößen gegeben. Nun gilt allerdings P(limn->∞ Yn'=µ) = 1. Das starke Gesetz der großen Zahlen ist also noch enger gefasst, es impliziert sogar das schwache Gesetz der großen Zahlen (ist das große Gesetz erfüllt, dann ist auch das kleine Gesetz erfüllt. Die Umkehrung gilt aber nicht).
Sie sehen, das Gesetz der großen Zahlen ist ein elementarer Baustein der Statistik und nicht wegzudenken. In der Physik spielt das Gesetz der großen Zahlen beispielsweise eine wichtige Rolle. Haben Sie eine riesige Anzahl an immer wieder unter gleichen Umständen durchzuführenden Messungen zu bewältigen und weicht das Messergebnis immer deutlich nach oben ab, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein systematischer Fehler vorliegt.
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