Wespen bestäuben bei der Nahrungssuche
Wenn Sie Wespen umherschwirren sehen, sind sie auf der Nahrungssuche - entweder für ihren Nachwuchs oder für sich selbst. Hierzulande kommt nur eine seltene Art aus der Gattung der Honigwespen vor, die sich rein fleischlos ernährt. Diese Wespe lebt in trockenwarmen Felsregionen im Süden und Südwesten Deutschlands und ernährt sich ausschließlich von Blütenprodukten. Dabei dienen, wie bei den Bienen, die Pollen der Eiweißversorgung der Brut, während der Nektar Kohlenhydrate liefert.
Alle anderen Wespenarten füttern ihre Larven mit tierischen Proteinen: Fliegen, Spinnen, Mücken und Raupen stehen ebenso auf dem Speiseplan wie Blattläuse und andere Schädlinge, die Ihren Garten heimsuchen. Auch an Tierkadavern, wie beispielsweise überfahrenen Kröten, bedienen sich Wespen. Zwei Wespenarten - die Deutsche und die Gemeine Wespe - machen sich auch gerne über Ihr Grillfleisch oder den Aufschnitt her.
Auf der Suche nach Beute, die vorzugsweise auf Pflanzen lebt, wie Blattläuse und Raupen bestäuben die Wespen Blüten. Auf den ersten Blick mag Sie das verwundern. Anders als die pummelige Hummel sowie die dicht behaarten Honigbienen und Wildbienen scheint die schmal gebaute, gering behaarte Wespe zur Pollenaufnahme wenig geeignet. Dennoch bleiben am Hinterleib und an den Beinen Pollen zur Blütenbestäubung hängen.
Die Bestäubung geschieht jedoch hauptsächlich, wenn die Wespe für ihren eigenen Bedarf zuckerhaltige Nahrung sucht. Die Nahrungsbeschaffung für die Brut kostet die Wespe viel Energie. Die Tierchen sind unermüdlich unterwegs. Die Hornisse, unsere größte Wespenart, jagt selbst bei Dunkelheit und somit rund 22 Stunden täglich. Dieses Pensum bewältigen Wespen nur, wenn sie sich mit schnell verwertbarer, kohlenhydratreicher Nahrung als "Flugbenzin" versorgen.
Erwachsene Wespen leben daher fast ausschließlich von zuckerhaltiger Nahrung, die sie aus unterschiedlichen Quellen beziehen. Kohlenhydrate liefern das süße Speicheltröpfchen, das die Larven für die Wespen absondern und Honigtau, den Blattläuse ausscheiden. Hauptsächlicher Zuckerlieferant sind pflanzliche Stoffe. Wespen laben sich gerne an dem Saft aus verletzten Pflanzenteilen und Fallobst, aber auch an Ihrem leckerem Obstkuchen oder dem Fruchteis der Kinder.
Auch Nektar mögen die Fluginsekten, haben hierbei allerdings mit einem Handicap zu kämpfen: Anders als bei Bienen sind ihre Mundwerkzeuge kürzer und damit für die Aufnahme von Nektar aus Blumen mit tiefen Blütenkelchen ungeeignet. Diesen Nektar erreichen Wespen allenfalls, wenn sie beispielsweise durch Löcher in der Blüte einen direkten Zugang finden.
Blumen locken gezielt Wespen an
Einige Pflanzen, die unter der Bezeichnung "Wespenblumen" bekannt sind, haben sich auf die Bestäubung durch Wespen spezialisiert. Diese sogenannte Sphecophilie, vom griechischen Wort "sphekodes" für "wespenartig", ist eine Sonderform der Insektenbestäubung. Als Bestäuber fungieren Faltenwespen, Grabwespen und Schlupfwespen.
Zu den Wespenblumen zählt vor allem der Braunwurz. Diese krautige Pflanze wächst auf der gesamten Nordhalbkugel in gemäßigten Breiten. Auch einige Arten aus der Familie der Orchideen, wie der Ragwurz und das Zweiblatt, lassen sich vor allem von Wespen bestäuben. Weitere bekannte Wespenblumen sind der Sand-Thymian und der hierzulande weitverbreitete Gemeine Efeu.
Typisch für Blumen, die Wespen gezielt anlocken, sind niedrige, trichterförmige Blüten mit leicht erreichbaren Nektarien. Wespen fliegen diese Blüten an und berühren bei der Suche nach Nektar mit ihrer Bauchseite den Staubbeutel der Blüte. Dabei bleibt Pollen hängen. Ziehen die Wespen zur nächsten Blüte weiter, erfolgt die Bestäubung.
Wespenblumen können Sie auch an ihrer lang andauernden oder spät einsetzenden Blütezeit erkennen. Der Sand-Thymian blüht beispielsweise von Mai bis Oktober und der Efeu erst im September und Oktober. Die Wespenblumen haben sich damit dem Lebensrhythmus ihrer Bestäuber angepasst.
Ab Ende August finden die Wespen mit dem natürlichen Tod ihrer Königin immer weniger Larven im Nest. Von dem kohlenhydrathaltigen Speichel der Brut können sich die erwachsenen Wespen im Spätsommer daher nicht mehr ernähren. In den großen Nestern der Wespen leben zu diesem Zeitpunkt aber immer noch mehrere Tausend Tiere. Sie schwärmen aus und fliegen auf der Suche nach zuckerhaltigem Ersatzstoff gezielt Wespenblumen an.
Auch wenn Wespen gelegentlich lästig sind, sollten Sie die Tierchen nicht als Übeltäter betrachten. Als Insektenfresser und Schädlingsvernichter wie auch als Blütenbestäuber haben Wespen einen wichtigen Platz im Ökosystem.
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