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Alles über moderne klassische Musik

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Ist klassische Musik gleich Orchestermusik?
Ist klassische Musik gleich Orchestermusik?
Der Begriff der Klassik prägt verschiedene Kunstrichtungen, so auch die Musik. Am häufigsten werden Sie die Begrifflichkeit in Bezug auf Komponisten der Wiener Klassik hören. Das ist aber keineswegs der einzige Sinn, in dem der Ausdruck stehen kann. Noch differenzierter ist die Bezeichnung moderne, klassische Musik, die etliche Stile zusammenfasst.

Klassisch zeitlos, traditionell oder epochal?

Der Begriff der Klassik ist nicht ganz eindeutig. "Klassisch" kann sowohl in der Epochenbedeutung als auch im Sinne von "traditionell" oder in der Bedeutung von "zeitlos" gemeint sein. Sie müssen dementsprechend immer differenzieren, ob von zeitloser Musik, traditioneller Musik oder typischer Klassikepochenmusik die Rede ist. Alle drei Teilbedeutungen in einem werden selten gemeint sein. Ein traditioneller Künstler muss beispielsweise nicht zwingend zeitlose Kunst abgeliefert haben. Die Stücke eines Klassikepochenkünstlers müssen auf ähnliche Weise weder traditionell noch zeitlos sein. 

Bezugsrahmen für klassische Musik

Ist von klassischer im Sinne von traditioneller Musik die Rede, geht es in der Regel um die sogenannte "Alte Musik". Dieser Begriff bezieht sich auf die Epochen des Mittelalters, der Renaissance und des Barocks. Somit auf den musikalischen Zeitraum zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert.

  • Die klassische Epoche wiederum gilt für die Zeit zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert. Sowohl die Frühklassik als auch die Wiener Klassik können mit dem Epochenbegriff gemeint sein.
  • Zentrale Elemente der Frühklassik sind Harmoniebildung, dreiklanggebundene Melodiebildung und ein Orchester mit Mischklang. Ein wichtiger Vertreter ist Bach. 
  • Für die Wiener Klassik stehen wiederum motivisch-thematisches Arbeiten und die Vereinigung von galantem und empfindsamem Stil im Mittelpunkt. Beethoven, Haydn und Mozart zählen zu den Klassikern der Wiener Klassik.
  • Unter den Begriff der klassischen Musik fällt aber auch die Klaviermusik von beispielsweise Schumann. Während der romantischen Epoche erkannte der den lyrischen Eigenwert des Klanges. Dieser "romantische Stil" stand nicht in Tradition der Wiener Klassik. Trotzdem kann auch die Romantische Musik mit "Klassik" gemeint sein.
  • Häufig setzt man klassische Musik auch mit Orchestermusik gleich. Obwohl Orchestermusik klassische Musik sein kann, muss sie aber nicht gleich in der Tradition der klassischen Musikepoche stehen.

Moderne Klassik ist noch vielschichtiger

Sie sehen selbst, wie unklar die Grenzen des musikalischen Klassikbegriffes liegen. Ebenso unklar bleiben die Merkmale, die klassische Musik aufweisen muss. 

  • Sogar nach der Romantik lässt sich noch von klassischer Musik sprechen. Diese "moderne klassische Musik" ist sogar noch vielschichtiger als die "alte".
  • Auf den ersten Blick schließt sich "klassisch" begrifflich mit "moderner" Musik aus. "Klassisch" im Sinne von "zeitlos" kann aber durchaus moderne Musik sein. Ebenso gut kann sich moderne Musik auf alte Musik zurück beziehen und damit als "klassisch" gelten.
  • Dass moderne klassische Musik noch vielschichtiger ist, liegt auch am wenig begrenzten Begriff der Moderne. Die "Moderne" kann den Zeitraum nach dem 19. Jahrhundert und der Kunstepochenauflösung meinen. Der Begriff kann hinsichtlich Musik aber ebenso gut innovative Machart bezeichnen.
  • Innovativ gemachte Musik kann zum Beispiel moderne Technologien nutzen und dabei trotzdem in Traditionslinie der musikalischen Klassikepoche stehen.
  • Ein Künstler kann klassische Musik außerdem modern interpretieren oder moderne Musik klassisch auslegen. Die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt, da die bloße Bezugnahme auf zeitlose, traditionelle oder klassische Stile die Bezeichnung ausmacht. Wie diese Bezugnahme genau auszusehen hat, bleibt offen.

Der Begriff der "Neuen Musik" 

Für klassische Musik der Moderne verwendet man häufig auch den Begriff der "Neuen Musik". 

  • Der Ausgangspunkt für diesen Stil steht in direkter Verbindung zu den Opern und Operetten im späten 19. Jahrhundert. Paul Bekker führt zu Beginn des 20. Jahrhunderts diese Begrifflichkeit ein.
  • Mittlerweile steht "Neue Musik" auf alle Kompositionsstile seit dem frühen 20. Jahrhundert, die sich auf das Schaffen großer Komponisten aus den Epochen der Klassik und Romantik beziehen. 
  • Aber Vorsicht, sogar diese Aussage ist missverständlich. Moderne Klassik oder "Neue Musik" ist nämlich einerseits die Musik, die sich an ursprünglicher Klassik orientiert. Andererseits ist "Neue Musik" aber auch solche, die mit der Klassik- und Romantikepoche bricht. Auch der Bruch ist eine Bezugnahme. Viele Komponisten, wie beispielsweise Lugeti, griffen über ihr Gesamtwerk sogar beide dieser Bezugnahmen auf.

Impressionismus, Expressionismus, Minimalistische Musik und Postmoderne sind so allesamt moderne Klassik.

Impressionismus und seine expressionistische Gegenbewegung

  • Der Impressionismus zählt zur "Neuen Musik", obwohl oder gerade weil seine Komponisten reine Klangkompositionen ohne direkte inhaltliche Aussage entwarfen. Debussy ist ein wichtiger Vertreter dieses Stils. Über musikalische Stilmittel, wie mit Dissonanzen angereicherte Melodik, losgelöste Rhythmik und vielseitige Klangfarbe, wollte er Klänge als Bilder erschaffen.
  • Auch der Expressionismus zählt zur "Neuen Musik". Er ist eine Gegenbewegung zum Impressionismus. Einer seiner bedeutendsten Vertreter ist Schönberg, der zugleich als "Zweite Wiener Schule" zu verstehen ist. Atonalität löste während dieser Zeit die Tonalität ab. Ziel war es, die Gebundenheit von Tönen und Klängen zu sprengen. Trotz dieser radikalen Neuheit verstand sich Schönberg in direkter Tradition zu klassischen Komponisten, wie Brahms und Mahler.
  • Irritation (schneller Wechsel melodischer Richtungen), Expression (Auffächerung des Tonraums) und Reduktion (Konzentration auf das Wesentliche) zählten zu seinen wichtigsten Stilmitteln. Diesen Stil komplettierte die Abstraktion, dank derer Akkordverbindungen durch Alternation gelöst wurden. Akkorde standen nicht mehr in harmonischer Verwandtschaft und Stücke waren nicht mehr an eine Tonart gebunden.
  • Auf Basis des späten Expressionismus entwickelte sich die Zwölftontechnik. Die Atonalität nutzten Vertreter dieser Richtung nicht mehr als Akzentuierung, sondern als Mittelpunkt ganzer Kompositionen. Die zwölf Töne der chromatischen Tonleiter mussten dabei allerdings im Gleichgewicht stehen. Die herkömmlichen Tonstufen Dur und Moll fanden fortan keine Verwendung mehr.

Serielle Musik gegenüber postmodern Neuer Einfachheit

  • Einer Steigerung der Zwölftontechnik war die serielle Musik, die um 1950 entstand. Jede Note erhielt in dieser Richtung eine mathematisch auf sie ausgerechnete Dauer und Dynamik zugeteilt. Dieses Vorgehen bildete die Basis für die elektronisch verarbeiteten Kompositionen der 70er Jahre.
  • Als Gegenbewegung zur Zwölftontechnik entstanden alsbald Strömungen, die sich wieder an der Klassik und deren Tonalität orientierten. Ein Stilmittel dieser Richtung war die thematisch nicht verknüpfte Aneinanderreihung von Elementen verschiedener Stücke. Im osteuropäischen Raum war dieser Stil verbreitet, wobei sich die Künstler teilweise am folkloristischen Gut ihrer Heimat bedienten. Einer der bedeutendsten Komponisten auf Grundlage solcher Folklore war Bela Bartok.
  • Als Antwort auf die Serielle Musik gilt dagegen die Postmoderne, die während der 60er Jahre wiederum eine Steigerung der Zwölftontechnik-Gegenbewegungen darstellte. Sie machte den Zufall zum Fokus der Komposition. Dieser Stil nannte sich Aleatorik und brach verspielt mit allen Konventionen. Einer der Grundgedanken war zu jener Zeit die Annahme, alles Neugeschaffene würde zwingend auf die "Alte Musik" Bezug nehmen.
  • In den 80ern und 90ern löste die sogenannte "Neue Einfachheit" die Postmoderne ab und machte die emotionale Wiederbelebung der Musik zu ihrem Hauptziel. Der Musikalische Minimalismus war eine der bekanntesten Unterbewegungen. Seine Herzstücke waren hohe stilistische Vielfalt, die Integration asiatischer Elemente und geringe harmonische Komplexität. Zu den wichtigsten Vertretern dieses Stils zählt Karlheinz Stockhausen.

Die Abgrenzung moderner, klassischer Bewegungen ist ähnlich unklar, wie die Definition der Klassik an sich. Etliche Stile seit dem 19. Jahrhundert werden als "modern klassisch" bezeichnet. Die Imitation der "alten Musikstile" ist genauso modern klassisch, wie der Bruch mit ihnen. Sie können demzufolge so gut wie jede Komposition unter diesen Begriff fassen. Wichtig ist nur, dass Sie diese Einordnung begründen können - so entweder mit dem Imitations- oder Bruchargument. 

helpster.de Autor:in
Sima Moussavian
Sima MoussavianFür Sima liegt die Schule noch nicht weit zurück. Sie erinnert sich noch gut an die Inhalte. In ihrer Freizeit lernt Sima gerne neues und probiert sich dabei auch im Heimwerken.
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