In fast jedem Bewerbungsgespräch kommt früher oder später die Frage nach den Stärken und Schwächen des Bewerbers auf. Da dies einer der zentralen Punkte des Gesprächs ist und Sie als Kandidat durch eine selbstbewusste und kritische Reflexion Ihrer Persönlichkeit und (etwaiger) vergangener beruflicher Tätigkeiten punkten können, lohnt es, sich im Vorfeld des Gesprächs, einige Gedanken über dieses Thema zu machen.
Hinterfragen Sie sich selbst, um Ihre Stärken und Schwächen herauszufinden
- Welche Eigenschaften zeichnen Sie als Person aus?
- Welche Tätigkeiten liegen Ihnen? Woran haben Sie Spaß im Job?
- Welche Ziele streben Sie sowohl beruflich als auch privat an?
- Können Sie gut im Team arbeiten oder arbeiten Sie lieber alleine?
Bitten Sie andere um deren Meinung und gleichen Sie diese mit Ihrer eigenen ab.
- Wo gibt es Überschneidungen?
- Wo lassen sich Diskrepanzen feststellen?
- Haben Sie sich womöglich völlig falsch eingeschätzt?
- Daraus ergibt sich schnell ein umfassendes Bild. Ihr Hauptaugenmerk sollte auf Ihren Stärken liegen, schließlich wollen Sie sich gut verkaufen. Geben Sie nicht an, aber seien Sie selbstbewusst. Zählen Sie nicht nur Schlagworte wie Belastungsfähigkeit oder gute Teamarbeit auf, sondern verknüpfen Sie diese mit Erfolgen oder Erlebnissen aus Ihrem (Berufs-)Leben. Schildern Sie Ihrem Gegenüber in diesem Fall von einem gelungenen Projekt in Ihrer letzten Beschäftigung, das Sie unter enormen Zeitdruck in Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen bewältigt haben.
- Versuchen Sie vermeintliche Schwächen in Stärken zu verwandeln! Haben Sie bis jetzt wenig Berufserfahrung sammeln können, so brennen Sie förmlich vor Tatendrang und wollen sich möglichst schnell einarbeiten und Leistung bringen. Sind Sie vielleicht ein Morgenmuffel, so sind Sie jedoch diszipliniert und jeden Tag pünktlich und nach einer Tasse Kaffee auch auf der Höhe.
- Seien Sie sich Ihrer Schwächen bewusst und bringen Sie diese auch von sich aus zu Sprache. Während natürlich einige Schwächen Sie sofort disqualifizieren („Ich werde bei Kritik schnell wütend und werfe mit Büromaterial um mich“), können Sie „normale“ Schwächen auch sympathisch machen. Vielleicht können Sie sich, wie viele andere, schlecht Namen merken oder haben einen katastrophalen Orientierungssinn. (Aber Vorsicht! Bei einigen Berufen wäre dies verheerend.)
Noch ein allgemeines Wort zu Vorstellungsgesprächen: Machen Sie sich bewusst, dass Sie die erste Hürde bereits genommen haben, Sie wurden zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Wenn Sie sich natürlich geben und sich nicht verstellen, sollte auch dieses Hindernis zu überwinden sein.
Im Vorstellungsgespräch Stärken und Schwächen geschickt nennen
- Im ersten Moment denken Sie wahrscheinlich, dass Ihren Stärken größeres Interesse entgegengebracht werden wird als Ihren Schwächen. Täuschen Sie sich da aber nicht. Schwächen vorteilhaft zu vermitteln, sodass sie Ihnen eigentlich nicht als Schwächen angelastet werden, ist die hohe Kunst im Bewerbungsgespräch.
- Zunächst aber zum leichteren Teil, Ihren Stärken. Bestimmt fallen Ihnen zwei, drei Eigenschaften ein, die andere an Ihnen loben oder von denen Sie selbst wissen, dass Sie darin besonders gut sind. Das können Fähigkeiten sein, zum Beispiel gut organisieren zu können, aber auch reine Charaktereigenschaften wie beispielsweise Zielstrebigkeit oder Verlässlichkeit.
- Legen Sie sich vor Ihrem Vorstellungsgespräch drei bis vier Stärken innerlich zurecht, und formulieren Sie für sich in ganzen Sätzen. Zum Beispiel: "Meine Arbeitsweise zeichnet sich durch absolute Verlässlichkeit und Selbstständigkeit aus." Bringen Sie dann Ihre Stärken in eine Reihenfolge. Denken Sie daran, dass der erst- und letztgenannten Stärke wahrscheinlich am meisten Gehör geschenkt werden wird. Dementsprechend sollten Sie Ihre beiden wichtigsten Stärken so platzieren.
- Die Frage nach Ihren Schwächen im Vorstellungsgespräch ist tückisch. Jeder Personaler, jeder Chef weiß natürlich, dass der Bewerber ungern über seine Schwächen reden möchte. Sie wollen ja schließlich den Job und sich im guten Licht erscheinen lassen. Dennoch müssen Sie diese Frage nach Schwächen im Vorstellungsgespräch schon beantworten.
- Wie für das restliche Vorstellungsgespräch gilt auch hier: Seien Sie authentisch, aber diplomatisch. Dass Sie manchmal absolut keine Lust aufs Arbeiten haben, schon mal krankfeiern oder gerne über Kollegen lästern, muss keiner wissen. Überlegen Sie sich lieber etwas Charmantes, Humorvolles. Zum Beispiel, dass Sie ohne Schokolade nicht leben könnten.
- Was auch immer in Ordnung ist: im Vorstellungsgespräch Schwächen angeben, die eigentlich keine sind. Allerdings werden Sie nicht der Erste sein, der seinen Ehrgeiz oder seinen Perfektionismus als kleine Schwäche verkaufen möchte, und der Chef und die Personaler werden genauso gut wie Sie wissen, dass das eben eine vorher zurechtgelegte Schwäche ist. Nicht schlimm, aber auch nicht sehr authentisch.
- Verzichten Sie darauf, Schwächen zu nennen, die mit der Stellenausschreibung nicht vereinbar sind. Bewerben Sie sich beispielsweise für einen kommunikativen Beruf, sollte Ihre Schwäche nicht darin bestehen, lieber eigenständig und außerhalb eines Teams zu arbeiten.
Im Vorstellungsgespräch punkten
- Wenn Sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, sollten Sie sich in der Gesprächssituation grundsätzlich zugänglich und offen präsentieren. Achten Sie deshalb auch auf Ihre Körpersprache, die wesentlich über Ihre Sympathie entscheidet. Verschränken Sie die Arme nicht vor dem Körper und sitzen Sie aufrecht. Schauen Sie Ihrem Gesprächspartner immer in die Augen.
- Weichen Sie den Fragen nicht aus, sondern beantworten Sie auch unangenehme Fragen. Dabei können Sie ruhig kurz auf die Fragen eingehen und dann einen weiteren, positiven Aspekt in das Gespräch einbringen.
- Wenn Sie nach Ihren Schwächen und Stärken gefragt werden, hat es keinen Sinn, keine Schwächen oder nur solche anzugeben, die beruflich irrelevant sind. Personaler kennen diese Masche und werden Ihre Antwort für unglaubwürdig halten.
Arbeiten Sie an Ihren Schwächen
- Sie müssen und können nicht in allem ein Held sein. Wichtig ist erst einmal, diese Tatsache zu akzeptieren. Trotzdem kann es durchaus hilfreich sein, von vielen Dingen Ahnung zu haben und sich in seinen Schwächen zu verbessern. Benennen Sie diese doch einmal und überlegen Sie, wo es am sinnvollsten ist, etwas zu tun.
- Stärken gleichen Schwächen aus. Doch wenn Sie den Eindruck haben, Ihre Schwächen würden überwiegen, dann kommt Ihre Persönlichkeit in ein Ungleichgewicht und das kann psychologische Folgen haben. Unzufriedenheit mit sich selbst beeinflusst Ihre Gefühle und letztlich auch Ihr Verhalten negativ. Arbeiten Sie an sich und geben Sie nie auf. Nur wenige Dinge sind nicht erlernbar.
- Wenn Selbstvertrauen und positives Denken alle Lernprozesse begleiten, haben Sie viel größere Erfolgschancen. Pessimismus und Lethargie blockieren jede Möglichkeit zur Verbesserung. Ihre Gedanken sind also wichtig. Prüfen Sie sich öfter diesbezüglich. Minimieren Sie so Ihre Schwächen und entwickeln Sie Ihre Stärken weiter, um damit erfolgreich und zufrieden zu sein.
Denken Sie stets daran: Der neue Arbeitgeber möchte Sie kennenlernen, nicht Ihren Charakter prüfen. Sie befinden sich beim Vorstellungsgespräch in keinem Verhör, nehmen Sie's locker!
Weitere Autoren: Felicitas Schmidt, Anna-Maria Schuster, Sonja Huysecom
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