Kommunikationsfallen und die funktionierenden Eltern
Den meisten Eltern ist bewusst, dass die gemeinsam verbrachte Zeit mit den Kindern endlich ist und deshalb kostbar. Aber im Alltag sieht das oft ganz anders aus, man verliert sich im Alltagsgeschehen und lebt nicht im Hier und Jetzt. Allzu oft werden "Automatensätze" verwendet, die ganz selbstverständlich ausgesprochen werden, deren Inhalt aber keinen Wert darstellt und die nichts bewirken, weil sie nichts Konkretes aussagen.
Diese „Automatensätze“, wie Fachleute sie nennen, haben schon unsere Eltern verwendet und wir waren genervt. Warum machen wir dann die gleichen Fehler?
Kinder merken schnell, wenn etwas nur automatisch dahingesagt wird und keinen Inhalt von Wert darstellt, das führt zu Frustration (die Eltern hören sowieso nie zu) und zu Verschlossenheit (die Eltern bekommen das doch gar nicht mit, wie es mir geht).
Eltern-Sätze, die nichts aussagen
Es gibt eine ganze Reihe an Formulierungen, die alle Eltern mehr oder weniger oft verwenden.
- „Ich sage das nicht nochmal“ oder „Letzte Warnung!“, mit diesem Satz ist nichts ausgesagt, denn es gibt keine Anweisung und kein Ziel, das das Kind erkennen kann.
- „Das ist ja super, schön!“, klingt gut, aber hat man das gemalte Bild oder den Aufsatz tatsächlich bewusst wahrgenommen?
- „Reiß dich zusammen“, „ist doch nicht so schlimm!“, diese Sätze bedeuten eine Herabwürdigung und Bagatellisierung eines Kinderproblems.
- „Hört auf zu streiten“ ist eine Formulierung, die nicht zur Lösung des Konfliktes beiträgt, im Gegenteil, die Streitkultur geht verloren.
- „Ja, gleich“, man sagt es gegebenenfalls, obwohl man genau weiß, dass es kein gleich gibt, zumindest nicht in absehbarer Zeit.
- „Ich habe es dir gleich gesagt“, ein Satz, der Überlegenheit und Weitblick zeigen soll, aber nur das Kind nur zusätzlich beschämt, denn meistens wissen sie selber ganz genau, was falsch war.
- „Tu dir nicht weh“, das bedeutet im Prinzip gar nichts, denn wer will schon, dass sich die Kinder weh tun, hier ist keine konkrete Vorsichtsmaßnahme erkennbar.
Mögliche Lösungen für das Kommunikationsproblem
Das Hauptproblem ist meistens, dass die Eltern mit der jeweiligen Situation selbst überfordert sind und dann mit scheinbar sicheren Sätzen automatisch antworten. Das erfordert wenig Zeit- und Gedankenaufwand. Wer selbst gerade im Schema gefangen ist, hat keinen Sinn für andere Probleme und Sichtweisen. Hier lohnt es sich bewusst innezuhalten, wenn man einen „Automatensatz“ bei sich bemerkt.
Manchmal funktioniert es bis 10 zu zählen, oder für eine Minute aus dem Fenster zu sehen und sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Manche Eltern praktizieren auch Atemübungen oder zählen die Gegenstände im Zimmer still auf.
Ziel ist es, dass man eine Zäsur zwischen dem eigenen Anspruch und der Bedürfnisse der Kinder setzt.
- Besser auf Augenhöhe mit dem Kind gehen, Augenkontakt aufnehmen und noch einmal seinen Wunsch oder die Aufforderung wiederholen.
- Das Bild oder das Bastelwerk wirklich ansehen und überlegen, was löst es in mir aus, was fühle ich und wie nehme ich das wahr. Es geht um die Wertschätzung dem Kind gegenüber und für einen Moment in seine Welt einzutauchen.
- Woher will man wissen, ob es nicht so schlimm ist? Wir können viel aufgrund unserer Erfahrung einordnen, aber ein Kind nicht. Es hat vielleicht das erste Mal richtig mit der Freundin gestritten und findet das schlimm.
- Geschwister streiten und auch Freunde tun das. In der Situation ist es besser zu fragen, wie man sich gefühlt hat oder was das Problem ausgelöst hat. Möglicherweise ist es besser, die Situation erst einmal abkühlen zu lassen und später darüber zu reden.
- Wenn man „ja gleich“ sagt, sollte das auch der Fall sein, ansonsten ist es besser einen Zeitpunkt zu benennen, an dem man dann wirklich Zeit hat und sich ganz auf das Kind einstellt.
- „Selber schuld, ich hab’s gesagt“ bringt dem Kind außer Blamage gar nichts, denn in der Regel wissen sie selber recht gut, was schiefgelaufen ist. Ändern kann man sowieso nichts mehr, besser ist es also gemeinsam zu überlegen, wie eine Situation in Zukunft besser laufen könnte.
- Niemand will wahrscheinlich, dass sich sein Kind weh tut, also sollte man konkreter werden, etwa wenn einem das Klettergerüst recht hoch erscheint, auf das der Knirps gerade klettern möchte. Hier kann man fragen, ob sich das Kind sicher fühlt.
Automatensätze sind nie konkret, das ist das Problem, es sind dahingesagte Floskeln. Wer das zukünftig vermeiden möchte, muss Achtsamkeit walten lassen und sich selber zuhören. Es ist auch gut, mit dem Kind ganz ehrlich darüber zu reden und ich zu erklären, dass auch Erwachsene immer wieder Fehler machen, aber bereit sind daran zu arbeiten und sich zu bessern.
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