Aus Mittelhochdeutsch wird die mittelalterliche Marktsprache
Mittelhochdeutsch wurde zur Zeit des Hochmittelalters von 1050 bis 1350 gesprochen und geschrieben. Allerdings gab es keine einheitliche Schriftsprache wie heute. Als schrift- und länderübergreifende Sprache galt immer noch Latein.
Das Mittelhochdeutsch löste das Althochdeutsch ab und entwickelte sich nach und nach zum Frühneuhochdeutschen. Schriftliche Quelle für die mittelalterliche Sprache ist hauptsächlich die höfische Literatur zur Zeit der Staufer. Hierzu zählen das Nibelungenlied, der Parzival, Tristan und die Gedichte von Walter von der Vogelweide.
Das Mittelhochdeutsch hatte seine eigene Art der Aussprache und eine eigene Grammatik. Allerdings war sie stark durch den einen oder anderen Dialekt beeinflusst. Darüber hinaus gab es beispielsweise keine Großschreibung der Nomen, ausschließlich Eigennamen wurden großgeschrieben. Das Mittelhochdeutsch hatte eine sich von heute unterscheidende Konjugation und Deklination sowie zwei verschiedene Weisen das "S" auszusprechen.
Heutzutage sprechen nur noch sehr wenige Menschen Mittelhochdeutsch. Doch eine neue Kunstsprache hat die Mittelaltermärkte von heute erobert: Die Marktsprache. Sie dient dazu, das Mittelalter-Feeling auf Mittelaltermärkten, wie auf Schloss Bückeburg oder Burg Herzberg, noch zu verstärken.
Es handelt sich nicht wirklich um eine mittelalterliche Sprache. Doch durch ein paar einfache Änderungen klingt die heutige Sprache ähnlich wie damals: So ist die gängige Ansprache Ihr und Euch. Ein eingeschobenes "E" bei Verben und der Verzicht auf Wörter, die auch im Englischen Verwendung finden, wie "Stopp" und "Sport", wirken authentisch.
Dazu ein paar ältliche Formulierungen, einige lateinische Wörter und jede Menge Genitiv sowie Konjunktiv und schon fühlen sich die Marktbesucher mehr ins Mittelalter versetzt. Ganz ausgefuchste Marktsprachensprecher erfinden sogar eigene Wörter für moderne Gerätschaften, die sich dann doch auf jedem Mittelaltermarkt finden. Dazu hilft eine ausgefeilte Sprechweise.
Mit folgenden Formulierungen sollte auch der Laie klarkommen: "Handwerk hat güldenen Boden, wie Ihr hier aufs Vortrefflichste sehen könnt.", "Ja, schauet nur: Edelstes Geschmeide von Meisterhand gefertigt.", "Seid willkommen, tretet ein: Darf ich Euch zu Hilfe sein?"
Wer sich genauer mit der "echten" mittelalterlichen Sprache auseinandersetzen möchte, dem sind folgende Standardwerke empfohlen: "Mittelhochdeutsch. Eine Einführung" von Hilkert Weddige und Thordis Hennings "Einführung in das Mittelhochdeutsche". Wem das alles nicht schnell genug geht, findet eine erklärende Zusammenfassung als PDF von Fabian Bross.
Sprache und Leben im Mittelalter
Das Mittelalter bezeichnet die Zeit zwischen Antike und Neuzeit vom 6. bis zum 15. Jahrhundert. Nach Ende des weströmischen Reiches formierten sich unter den romanischen, germanischen, slawischen und keltischen Völkern neue Reiche. Die vorherrschende politische Form war der Feudalismus.
Innerhalb dessen war die Gesellschaft in drei Stände aufgeteilt: In Bürger und Bauern, den Adel und die Geistlichen. Europa wurde nach und nach vollständig christianisiert.
Das Mittelalter war nicht so "dunkel", wie Sie vielleicht glauben. Nicht in jedem Jahrhundert wütete die Pest und mit der karolingischen Renaissance zogen Bildung und Gelehrsamkeit ein. Wer heute noch in das echte Mittelalter eintauchen möchte, findet zum Beispiel einige Musikgruppen, die das Mittelalter aufleben lassen. Authentisch, was Sprache und Musik angeht, sind die Capella Antiqua Bambergensis und Agnus Dei.
Zwar ist die Marktsprache keine echte mittelalterliche Sprache, dennoch bereitet sie Besucher von Mittelaltermärkten Spaß. Mit ihr können Sie für ein Wochenende in eine andere Zeit springen, ohne sich mit Ablautreihen und Vokabeln herumzuplagen. Für Liebhaber von Originaltexten gibt es zahlreiche zweisprachige Ausgaben vom Nibelungenlied und anderen mittelalterlichen Schriften.
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