Lautinventar beim Lippenlesen: ablesbare und nicht zu erkennende Laute
- Von 30 Lauten des deutschen Alphabets können lediglich 11 eindeutig am Mundbild erkannt werden. Zwar setzt das Ablesen jedes Lautes ein hohes Maß an Konzentration voraus, generell ist es einem Lippenleser jedoch möglich, durch die individuelle Sprechbewegung zwischen Buchstaben wie m,l und o zu unterscheiden.
- Andere Laute, beispielsweise das g, k oder r, sind dagegen nicht einmal von einem geübten Lippenleser einzuordnen, weil sie statt vom Mund im Hals gebildet werden. Die Routine von bestimmten Kontexten läßt den geübten Leser unerkannte Laute aber erahnen, d.h. er ist gezwungen, seinen Lückentext mit den kontextuell wahrscheinlichsten Lautkombinationen zu füllen.
Probleme des Lippenlesens
- Längere Vorträge sind grundsätzlich nicht zum Ablesen geeignet, weil die Anstrengung, mit der das Lippenlesen verbunden ist, schon nach geringer Zeit zu Erschöpfungsgefühlen führt. Die größte Herausforderung für Lippenleser stellen lautlich ähnliche Wörter mit unterschiedlicher Semantik dar. Weil das Wort 'Mutter' unmöglich durch seine zugehörige Sprechbewegung von dem Wort 'Butter' zu unterscheiden ist, muss vom Lippenlesenden rein instinktiv eines der beiden Wörter ausgewählt werden.
- Neben solchen sogenannten Homophonien erschweren vor allem die Mundart, das Nuscheln und die überbetonte und langsame Artikulation eines Wortes den Ablesevorgang, weil die jeweiligen Sprechbewegungen sich in allen 3 Fällen stark von dem im Alltag erlernten Mundbild unterscheiden.
Übungen zum Lippenlesen lernen
- Als erster Schritt des Lippenlesens bietet es sich Ihnen nun an, sich Wissen über Entsehungs- und Artikulationsorte der deutschen Standardlaute anzueignen.
- Sobald Sie nachempfinden können, wo welcher Laut gebildet wird und in welcher Weise sich seine Artikulation in der Mimik niederschlägt, können Sie zum zweiten Schritt, dem Spiegeltraining, übergehen. Dabei sollten Sie- so ungekünstelt wie nur möglich- jeden Buchstaben einzeln vor dem Spiegel aufsagen.
- Erst wenn sich die Sprechbewegung der Einzelphoneme Ihnen völlig eingeprägt hat, können Sie endlich Wörter und schließlich sogar Sätze bilden und im Spiegel nachvollziehen.
- Um nicht aus der Übung zu kommen können Sie Sendungen wie die Nachrichten gegebenenfalls lautlos verfolgen und dabei versuchen das Gesagte zu erraten. Genauso können Sie bei einem Essen im Restaurant die Sprechbewegungen der Gäste am Nebentisch beobachten und interpretieren.
- Eine etwas professionellere Möglichkeit des Lernens eröffnet Ihnen die VHS, die relativ regelmäßig tiefer gehende Seminare zur Kommunikation mit Hörgeschädigten anbietet.
Ein wirklich guter Lippenleser wird man also nicht an einem Tag- man muss hart dafür trainieren. Dass Sie es irgendwie aber doch im Blut haben, zeigt die Tatsache, dass Ihnen sicher nur all zu oft auffällt, wie schlecht ein ausländischer Film synchronisiert wurde...
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