Warum man sich mit der Einführung von Treueringen für den heutigen Ringfinger als Trageort entschieden hat, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Legenden zu diesem Thema gibt es jedoch einige. Eine von diesen ist der Mythos von der „Liebesvene“.
Die Herkunft des Mythos um die „Liebesvene“
Die Annahme, dass eine Vene den linken Ringfinger direkt mit dem Herzen und damit mit dem Zentrum der Liebe verbindet, stammt aus der Antike. Diese Ader wurde „Vena amoris“ genannt. Daher trugen sowohl die alten Römer als auch Ägypter ihre Eheringe an der linken Hand.
- Diese frühzeitliche Verbindung von Emotionen mit der linken Körperseite ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass moderne Forschungen belegt haben, dass die linke Gehirnhälfte der Sitz von Intuition und Gefühl ist. Möglich ist auch, dass man sich für die linke Seite entschied, da das Herz dort schlägt.
- Weiterhin wird der Ringfinger, entweder nur der linke oder beide, Venus, der römischen Göttin der Liebe, zugeordnet. Damit wird dieser Finger direkt in Verbindung mit Emotionen und Gefühlen gebracht.
- Die Aussage, man trage einen Verlobungs- oder Trauring am Ringfinger, weil der Name des Fingers es so vorgibt, ist unlogisch. Schließlich hat der Finger seinen Namen, weil an ihm schon seit frühchristlicher Zeit Eheringe getragen werden. Es besteht aber durchaus die Möglichkeit, dass der heutige Ringfinger aus rein ästhetischen Gründen gewählt worden ist, weil an ihm ein Ring am besten wirkt.
Zwischen linkem Ringfinger und Herz – eine anatomische Betrachtung
Jeder einzelne Finger, so auch der Ringfinger, ist von einem Kapillargeflecht durchzogen, welches von kleinen Arterien gespeist wird. Das Blut wird in kleine Venen abgegeben.
- Diese kleinen Venen in den Fingern und der Hand sammeln und entleeren sich in zwei größere Venen, die entlang der Elle und der Speiche verlaufen. Die beiden Adern verbinden sich wiederum zu einer großen Vene im Oberarm, die weiter zur Achsel geht. Von dort zieht das Blutgefäß, das noch einige kleinere Gefäße aufnimmt, zur vorderen Hohlvene. Die rechte Vorkammer des Herzens wird von der vorderen Hohlvene gespeist.
- Es gibt also keine einzelne Vene, die direkt vom linken Ringfinger zum Herzen führt. Vielmehr ist ein dichtes Geflecht aus Blutgefäßen vorhanden.
- Außerdem sind rechter und linker Arm anatomisch gleich aufgebaut. Dies führt dazu, dass beide Armvenen sich in die vordere Hohlvene entleeren. Es gibt also keinen Unterschied zwischen den Seiten.
Treueringe und linker Ringfinger
An welcher Hand oder sogar an welchem Finger ein Treuering getragen wird, war und ist je nach Stilepoche oder Tradition unterschiedlich.
- In Deutschland wird der Verlobungsring am linken Ringfinger, der Ehering jedoch am rechten getragen. In den meisten anderen europäischen Ländern wird auch der Ehering links getragen. Warum diese Unterschiede vorhanden sind, darauf gibt es keine eindeutige Antwort.
- Eine Möglichkeit ist die Änderung durch die Kirche, die mit der Einführung der Eheringe die Menschen zur Treue zwingen wollte und dafür die nach der Bibel „gute, rechte Seite“ wählte. Die Protestanten entschieden sich dann später wieder für die andere Seite. Warum man im katholischen Südeuropa die Ringe jedoch links trägt, lässt sich dadurch nicht erklären.
- Eine andere Vermutung deutet an, dass bei den Germanen die rechte Seite die glücksbringende Seite war und dass die Vene zum Herzen bei ihnen nicht von der linken, sondern von der rechten Hand kam.
- Heute legt man gelegentlich in die Wahl der Seite eine tiefere Bedeutung. Linker Ringfinger deutet auf eine gefühlsbetonte Ehe (daher bei den stürmischen Südeuropäern so beliebt) hin, rechter Ringfinger steht für eine vernünftige Partnerwahl.
Letztendlich ist es egal, ob man sich aus optischen Gründen für den Ringfinger als Ort des Treueringes entschieden hat oder ob bei der Wahl ein tieferer Sinn dahinter gesteckt hat, ob man die linke Seite bevorzugt oder lieber doch die rechte. Wichtig ist es für die meisten Paare nur, ein Symbol ihrer Zusammengehörigkeit zu tragen.
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