Das Konzept des integrativen Kindergartens
Das Außergewöhnliche an einem integrativen Kindergarten ist, dass dort nicht behinderte Kinder gemeinsam mit Kindern, die körperliche und / oder geistige Behinderungen haben, betreut werden. Hier liegt das Prinzip der Inklusion zugrunde, was bedeutet, dass Andersartigkeit in jeder Form akzeptiert und in den Alltag integriert wird.
Berührungsängste gegenüber andersartigen Kindern entstehen von Anfang an gar nicht, beziehungsweise werden gegebenenfalls bei den Eltern abgebaut. Die Kinder sind untereinander alle gleichberechtigte und gleichgestellte Persönlichkeiten.
Kinder mit einer Behinderung können in einem integrativen Kindergarten mit nicht behinderten Kindern zusammen spielen. Das hat den Effekt, dass sie sich nicht als Ausgeschlossene vom normalen Leben empfinden, nur weil sie anders sind. Diese Kindergärten orientieren sich oftmals am Montessori-Konzept. Hier geht es insbesondere darum, bei jedem Kind individuell seine Stärken zu fördern und die Schwächen als Teil des Menschseins zu akzeptieren.
Die Persönlichkeit jedes Kindes soll angenommen werden und das Individuum hat die Möglichkeit, sich im Rahmen seiner persönlichen Begabungen zu entfalten. Das pädagogische Leitbild folgt einer partnerschaftlichen und gleichberechtigten Ausrichtung. Von der Leitung bis zu den Mitarbeitern sollte das umgesetzt werden.
Organisationen, die Inklusion anbieten, sind häufig Caritas-Kindergärten, Lebenshilfe-Einrichtungen und heilpädagogische Kindergärten.
Der normale Tagesablauf
Ein besonderes Merkmal des integrativen Kindergartens ist der streng geregelte Tagesablauf. Menschen mit Behinderung brauchen diesen einschätzbaren Rahmen, um sich sicher und geborgen zu fühlen:
- Zeitraum des Bringens - meistens ist diese Zeit zwischen 8 und 9 Uhr.
- Bis zum Morgenkreis um 9 Uhr ist freies Spiel möglich. Der Morgenkreis ist ein festes Ritual mit Singen, Gemeinschaftsspiel und Planungen für den Tag oder die Woche.
- Das freie Spiel erlaubt allen Kindern das zu tun, was sie am liebsten machen, das kann malen, spielen (draußen oder drinnen) oder „Baustellen“ wie Verkleidungsecke, Werkstatt, Turnhalle oder kochen sein.
- Bei der Halbtagesbetreuung werden die Kinder vor dem Mittagessen der anderen Kinder abgeholt. Nach dem Mittagessen ist in der Regel eine Ruhezeit, in der die jüngeren Kinder auch einen Mittagsschlaf machen dürfen.
- Danach folgt das Nachmittagsangebot, was entweder freies Spiel sein kann oder auch gezielte Aktivitäten, die von den Betreuern gefördert werden.
- Am späteren Nachmittag erfolgt die Abholung der letzten Kinder, die bis zum Schluss das Betreuungsangebot nutzen.
Vor- und Nachteile integrativer Kindergärten
Es gibt einige positive Aspekte, was integrative Kindergärten angeht:
- Kinder mit und ohne Behinderung haben die Möglichkeit den Alltag gemeinsam zu erleben und zu einer Gemeinschaft zusammenzuwachsen. Rücksichtnahme, Toleranz und Verständnis entwickeln sich ganz natürlich von Anfang an.
- Integrative Einrichtungen beschäftigen meistens mehr Personal, was eine bessere individuelle Förderung gewährleistet.
- Zudem sind die Erzieherinnen besser pädagogisch ausgebildet, sie haben neben der Grundausbildung spezielle Lehrgänge absolviert. Die Zusammenarbeit mit Heilpädagogen rundet die Betreuung gezielt ab.
- Es gibt zusätzlich Personal, das sich um Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie kümmert, wovon letztlich alle Kinder profitieren können.
- Da die Eltern aktiv in den Alltag mit eingebunden werden, entsteht ein besonderes Vertrauensverhältnis und Transparenz im Umgang mit den Kindern. Das Verhältnis ist partnerschaftlich.
- Die Gruppen im Kindergarten selbst umfassen weniger Kinder, so können mögliche Probleme oder Förderbedarf bei den Kindern schneller erkannt werden und man kann darauf reagieren.
Es gibt jedoch auch ein paar Nachteile, die zu erwähnen sind:
- Die monatlichen Betreuungskosten sind teilweise erheblich höher als in konventionellen Kindergärten. Das hängt unter anderem davon ab, in welcher Kommune man lebt und welche Zuschüsse erstattet werden.
- Oftmals gibt es lange Wartelisten, um einen der begehrten Kindergartenplätze zu bekommen. Speziell Kinder mit Mehrfachbehinderungen sind häufig davon betroffen. Manchmal können diese, wegen des Mehraufwandes zur Betreuung, gar nicht berücksichtigt werden. Versicherungen verhindern hier die Aufnahme des Kindes.
- Kritische Stimmen geben zu bedenken, dass das Konzept ohne Leistungsdruck nicht ausreichend auf die Gesellschaft und das spätere Leben vorbereitet.
- Vielfach sind integrative Einrichtungen mit Vorurteilen belegt und es kann den Kindern später unter Umständen schwerfallen, in einer normalen Regelschule Fuß zu fassen.
- Leider sind auch hier Theorie und Praxis manchmal weit auseinander. So kann es sein, dass gute Konzepte mangels geschulten Personals nicht umgesetzt werden können oder die Räumlichkeiten keine Möglichkeiten zur gezielten Förderung hergeben.
Es lohnt sich also auf jeden Fall sich in der näheren Umgebung nach einem integrativen Kindergarten umzusehen und das Gespräch zu suchen. Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass Kinder mit Behinderung Vorrang haben sollten vor Kindern ohne Behinderung, denn für diese gibt es deutlich weniger Betreuungs- und Förderangebote.
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