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Die Kulturdimensionen nach Hofstede kennen

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Die Südkoreanische Kultur lässt sich nach den Kulturdimensionen nach Hofstede untersuchen.
Die Südkoreanische Kultur lässt sich nach den Kulturdimensionen nach Hofstede untersuchen. © Kseniya Petukhova / unsplash.com
Beim Modell der Kulturdimensionen nach Hofstede handelt es sich um eines der bekanntesten Modelle, um Kulturen zu beschreiben und Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen ihnen festzustellen. Im folgenden Beitrag stellen wir Ihnen das Konzept vor.

Das Modell der Kulturdimensionen in Kürze

Für den Begriff „Kultur“ gibt es in der Forschung viele Definitionen und Modelle.  Der Niederländer Gerard Hendrik Hofstede definiert Kultur in einer vereinfachten Version als „die Software des Geistes“.

Das Modell der Kulturdimensionen geht auf Hofstede zurück. Er zeigte, dass Menschen regionale und nationale Eigenschaften haben, welche über die Zeit stabil bleiben und ihr Verhalten beeinflussen. Diese kulturellen Muster nannte er Kulturdimensionen. Anhand von sechs verschiedenen Dimensionen lassen sich unterschiedliche Kulturen beschreiben und unterscheiden.

Sein Modell geht auf eine mehrjährige Studie zurück. Mit 60.000 Mitarbeitenden des Technologieunternehmens IBM aus 40 Ländern erarbeitete Hofstede Dimensionen, anhand derer sich Kulturen aufgliedern und so besser vergleichen lassen.

Ursprünglich beinhaltete das Modell nur vier Dimensionen: „Machtdistanz“, „Individualismus vs. Kollektivismus“, „Maskulinität VS. Femininität“ und „Unsicherheitsvermeidung“. Später wurden zwei weitere Dimensionen ergänzt: „Langzeitorientierung“ sowie „Genuss“.

Die Kulturdimensionen im Detail

Hier erklären wir die sechs Dimensionen, aus denen sich eine Kultur zusammensetzt. Jede dieser einzelnen Kulturdimensionen kann individuell bewertet werden. Auf diesem Weg werden kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten deutlich.

Powerdistance (Machtdistanz)

Diese Dimension beschreibt die Akzeptanz der Machtverteilung innerhalb einer Kultur. Kulturen mit hoher Machtdistanz akzeptieren starke Hierarchien - innerhalb von Organisationen treffen Führungskräfte Entscheidungen. Diesen Entscheidungen wird nicht widersprochen. Kulturen mit einer niedrigen Machtdistanz kennzeichnen sich durch flache Hierarchien; Menschen begegnen sich eher „auf Augenhöhe“.

Individualism (Individualismus)

Diese Dimension beschreibt die Stärke der Beziehungen zwischen Menschen in einer Kultur. In individualistischen Kulturen ist die Bindung vergleichsweise locker - das Individuum steht hier im Vordergrund. In kollektivistischen Kulturen steht hingegen das Kollektiv im Zentrum. Loyalität, Fürsorge und Harmonie sind wichtige Charakteristika.

Masculinity (Maskulinität)

Inwieweit eine Kultur die Aufteilung klassischer Geschlechterrollen akzeptiert, wird in dieser Dimension thematisiert. Es geht dabei nicht unbedingt um die Geschlechterrollen. In maskulinen Kulturen sind die Rollen klar verteilt, in femininen Kulturen hingegen können die Rollen leicht getauscht werden. Außerdem kennzeichnen sich maskuline Kulturen durch Status, Macht und Prestige, feminine Kulturen durch Fürsorge und Empathie.

Uncertainty Avoidance (Unsicherheitsvermeidung)

Hier wird untersucht, in welchem Maße eine Gesellschaft risikofreudig ist und sich auf Erneuerungen und Innovationen einlässt. Kulturen mit einer hohen Unsicherheitsvermeidung setzten lieber auf altbewährte Muster. Sie versuchen durch Regeln und Vorgaben Unsicherheiten auf ein Minimum zu reduzieren.

Long Term Orientation (Langzeitorientierung)

Diese Dimension beschreibt, ob eine Kultur eher langfristig plant und denkt oder ob sie sich eher durch Spontanität und kurzzeitiges Denken und Handeln kennzeichnet.

Indulgence (Genuss)

Die letzte Dimension sagt aus, wie sehr eine Kultur die Selbstverwirklichung eines jeden Menschen akzeptiert. So werden in einer Kultur mit einem hohen Wert auch Randgruppen bzw. Menschen, die nicht „dem Durchschnitt“ entsprechen, akzeptiert - Freiheit gilt als wichtiger Wert. In Kulturen mit niedriger Ausprägung ist dies nicht der Fall, es gelten strenge Regulierungen.

Welche Erkenntnisse können dadurch gewonnen werden?

In mittel- und südamerikanischen Ländern und asiatischen Ländern wird ein hohes Ungleichgewicht der Machtverteilung akzeptiert. In nord- und mitteleuropäischen Ländern sowie englischsprachigen Ländern herrscht eine niedrige Machtdistanz.

Individualistische Gesellschaften bilden eher die Ausnahme. Kulturen mit einem hohen Grad an Individualismus sind vorrangig in den USA, Westeuropa und in Australien zu finden. Kollektivismus findet sich eher in Ländern mit großer Machtdistanz wie zum Beispiel Japan, weiten Teilen Asiens sowie Südamerika, Afrika und in großen Teilen der arabischen Welt. Demokratie und freie Marktwirtschaft gehen häufig auf individualistische Ansätze und Ideologien zurück, während kommunistische oder sozialistische Systeme eher eine politische Auswirkung von Kollektivismus sind.

Als maskulin gelten in Europa Deutschland und Großbritannien, wohingegen beispielsweise Schweden, Dänemark und auch Russland eher feminin zu betrachten sind.

Mitglieder von Gesellschaften mit hoher Unsicherheitsvermeidung (z.B. Deutschland, Russland, Mexiko) versuchen mithilfe von Analysen und Plänen Unbekanntes oder Unsicheres vorhersehbar und kontrollierbar zu machen.

Eine Langzeit orientierte Kultur ist zum Beispiel China. Dort liegt der Fokus auf dem Aufbau von persönlichen Beziehungen bzw. Beziehungsnetzwerken, die langfristig angelegt sind. 

Sowohl der Ansatz der Studie als auch die Ergebnisse der Kulturdimensionen sind in den letzten Jahrzehnten kontrovers diskutiert worden. Der universalistische Ansatz und die auf Punkte reduzierten Ergebnisse der einzelnen Länder scheinen Vertretern der Geistes- und Kulturwissenschaft und interkulturellen Trainerinnen und Trainern als verwirrend.

Das Modell der Kulturdimensionen bietet aber Grundlagenmaterial, viele unterschiedlichen Indikatoren und auch diverse Auswertungsmöglichkeiten für den Trainingsbereich oder für interkulturelle Interaktionssituationen in privaten und beruflichen Kontexten. Die internationale GLOBE Studie (Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness) bestätigt zudem zentrale Teile und Ergebnisse der Studie. Sie beschäftigt sich mit dem Einfluss der Kultur auf Führung und Management von Organisationen.

Wie jedes Modell sollen die Kulturdimensionen als Leitfaden zum besseren Verständnis und Einordnen von verschiedenen Kulturen dienen. Es gibt aber wie immer Ausnahmen und nicht alle Dimensionen können universell angewandt werden. 

helpster.de Autor:in
Jana Stadelmann
Jana StadelmannJana ist Autodidaktin und Digitalnomadin aus der Tourismuswirtschaft und in vielen Ländern zuhause. Japanisch hat sie sich im Selbststudium beigebracht. Das zeigt ihre Begeisterungsfähigkeit Neues zu lernen aber auch ihr Wissen rund um verschiedenen Lernmethoden, das sie in der Kategorie Schule vermittelt.
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