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Die Hölle von Ueckermünde - Inhalt

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Klees Investigativjournalismus widmete sich Misständen in der Medizin und Psychiatrie.
Klees Investigativjournalismus widmete sich Misständen in der Medizin und Psychiatrie.
In Ueckermünde sind die Wände nicht weiß, sie sind drückend gelb. Die Räume sind nicht belebt, sie sind eng und tot. Die Zustände in der Ostpsychiatrie sind nicht schlimm, sie sind unvorstellbar. Mit nur einer Kamera, dafür jedoch ungebrochenem Willen bewaffnet, hat Ernst Klee es aufgedeckt. Doch etwas zu ändern, ist nicht leicht. So wurde der Dokumentarfilm "Die Hölle von Ueckermünde - Psychiatrie im Osten" in Deutschland kurz vor der Erstausstrahlung verboten.

Ernst Klee - vom Sanitäter zum Investigativjournalisten und Dokumentarfilmer

In Ernst Klees Gesamtwerk fügt sich "Die Hölle von Ueckermünde" ein wie der Teufel in die Unterwelt. 

  • Der 2013 verstorbene Frankfurter war ursprünglich Sanitäter. Nach seiner Lehre studierte er Sozialpädagogik und war im Investigativjournalismus tätig. Entsprechend seiner Branche widmete Klee sein frühes Leben der Recherche von Hintergründen in Medizin und Gesellschaft.
  • Dabei gelang es ihm, schwere Missstände aufzudecken. Besonders der von ihm enthüllte Euthanasieskandal der Aktion T4 wird mit seinem Namen verbunden. Während des Nationalsozialismus wurden Tausende von behinderten Menschen Opfer von geplanten Morden. 
  • Als Teil einer Generation, die den Zweiten Weltkrieg am eigenen Leibe miterlebt hatte, behandelte Klee medizinische Missstände vor allem vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus. 
  • Sein späteres Leben und Schaffen brachte neben Büchern und Reportagen zwei Dokumentarfilme hervor. Auch jene widmeten sich dem medizinischen Bereich, wobei jene Tendenz Klees früher Ausbildung in selbigem zu verdanken ist.

"Die Hölle von Ueckermünde - Psychiatrie im Osten" ist das bekanntere von Ernst Klees beiden Filmwerken. 1993 strahlte die ARD das Projekt einmalig aus.

Die Hölle von Ueckermünde - medizinische Missstände in der ehemaligen DDR

Ernst Klees investigatives Interesse galt zeit seines Lebens vor allem Randgruppen, die durch das Gitter der Gesellschaft fallen.

  • Als solche widmete Klee sich unter anderem Psychiatriepatienten. Die Zustände in psychiatrischen Anstalten waren ihm vermutlich schon während seiner Ausbildung zum Sanitäter im Magen gelegen.
  • "Die Hölle von Ueckermünde" verarbeitet Beobachtungen erster Hand als reportageartiger Dokumentarfilm. Zusammen mit dem Film nahm sich Klees Buch "Irrsinn Ost, Irrsinn West" im selben Jahr des Themas Missstände in Psychiatrien an. 
  • Klee berichtet in Buch und Film u.a. über die Schein-Entnazifizierung in deutschen Regionen. Auch Dekaden nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Einrichtungen wie psychiatrische Anstalten demnach für die Machtinteressen des Staats utilisiert. 
  • Als ein Paradebeispiel für die Missstände hinter verschlossenen Psychiatrie-Türen zeigt Klees Dokumentarfilm den Alltag in der Einrichtung Ueckermünde. Faschistische Traditionen deckt er im selben Maße auf wie die Natur von Ärzten, die sich noch wenige Jahre vor der angeblichen "Entnazifizierung" an rassistischen und/oder lebensmissachtenden Gewaltverbrechen beteiligt hatten. 
  • Offenbar war es in der ehemaligen DDR auch nach der Wende üblich, geistig behinderte Menschen in Psychiatrien zu verstauen wie Unrat. Katastrophale Hygieneeinrichtungen, enge Platzverhältnisse, durch Pfleger initiierte Gewalt und Hungersnot sind längst nicht die schlimmsten Zustände, die Klees Reportage enthüllt. 
  • In Interviews mit Ärzten und Pflegern zeigt der Film die schockierende Ignoranz und fehlende Kompetenz des Personals. "Die Patienten dieser Station sind ein Produkt der Verwahrpsychiatrie", begleitet eine Off-Voice die Bilder von sterilen und überfüllten Räumen, in die man geistig behinderte Menschen gesperrt hat.
  • "Ihr Leben ist ein Produkt aus Essen, Schlafen, Leerlauf", fährt Klees narrativer Off-Kommentar fort. Mit Psychopharmaka würde man die Patienten bis zur Besinnungslosigkeit ruhigstellen, um sie einfacher "verwahren" zu können. In der - wie die Pfleger verraten - ehemaligen Einzelzelle würde man heute niemanden mehr unterbringen.
  • Das ist, wie sich herausstellt, eine Lüge. Klee findet eine gebrochene Existenz in der winzigen Kammer vor. Man habe ihn in den Raum gebracht und ihm befohlen, auf unbestimmte Zeit sitzen zu bleiben, verrät der abgemagerte Patient dem Investigativjournalisten mit der Kamera in schwer verständlichen Worten.

Die genannten sind bei Weitem nicht alle Missstände, die Klees Reportage den Zuschauer aus nächster Nähe erleben lässt. Er will nicht sachlich-journalistisch erklären, sondern vor dem Hintergrund bester Vor-Ort-Recherche wach rütteln und schockieren. Dass ihm das gelingt, hängt vor allem mit dem Konzept des Films zusammen.

Filmisches Konzept der "Psychiatrie im Osten" - emotionale Bindung durch Nähe

Klees Reportage stellt einen direkten und persönlichen Bezug zum Zuschauer her. 

  • Zeigt sein Prolog die Opfer vor Ort, so zieht sich die darin aufgebaute Nähe zu den Betroffenen durch den gesamten Film. Klee nennt Namen und macht den Zuschauer mit den Patienten vertraut. Der emotionale Effekt der nachfolgenden Bilder von menschenunwürdigem Leben steigt ins Unermessliche.
  • Dabei zieht sich der Journalist selbst nicht aus dem Geschehn zurück, denn er ist es schließlich, der das Publikum durch die Schreckensszenarien führt, die er im Cross-Cut mit Arztgesprächen und Patientenkommentaren arrangiert hat. 
  • Was Klees Off-Voice berichtet, ist faktenreich, doch niemals sachlich. Die journalistische Distanz gibt Klee am Eingang der Anstalt ab. Wie der Zuschauer ist er Beobachter des Geschehens, doch wird er dazu immer wieder direkter Teil. Die Szenerien erlebt er aus nächster Nähe. Genauso der Zuschauer, den er durch seine Augen blicken lässt.
  • Sein Kommentieren des Gezeigten hat Klee bewusst persönlich und narrativ gestaltet, um die Nähe zum Publikum zu halten und emotional zu schockieren. Vor allem ist der Film schließlich mutig, er ist ehrlich, unbeschönigt, direkt und so besonders hart.

So ist "Die Hölle von Ueckermünde" ein engagierter, gut recherchierter, schockierender und hervorragend montierter Appell an die Menschlichkeit. Dass der Film seinerzeit zur öffentlichen Ausstrahlung verboten wurde, setzt dabei genauso viel Unmenschlichkeit voraus wie die vertuschten Missstände selbst. 

helpster.de Autor:in
Sima Moussavian
Sima MoussavianFür Sima liegt die Schule noch nicht weit zurück. Sie erinnert sich noch gut an die Inhalte. In ihrer Freizeit lernt Sima gerne neues und probiert sich dabei auch im Heimwerken.
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